Atomvereinbarung mit dem Iran

Durchbruch nach Verhandlungsmarathon

Der Iran legt Teile seines Atomprogramms auf Eis und kann im Gegenzug mit der Lockerung von Sanktionen rechnen. Nach der Einigung von Genf zeigen sich Teheran und Washington zufrieden. Israel warnt.

Catherine Ashton und Mohammad-Javad Zarif (dpa)
Catherine Ashton und Mohammad-Javad Zarif / ( dpa )

Durchbruch bei den Atomgesprächen mit dem Iran: Nach jahrelangem Ringen haben sich das islamische Land und die Außenminister der UN-Vetomächte sowie Deutschlands auf ein Übergangsabkommen geeinigt. Die in der Nacht zum Sonntag in Genf erzielte Vereinbarung sieht vor, dass Teheran in den nächsten sechs Monaten Teile seines Atomprogramms einfriert. Dafür sollen die internationalen Sanktionen gegen den Iran teilweise gelockert werden.

US-Präsident Barack Obama begrüßte die Einigung, die aber in den nächsten Monaten auf Haltbarkeit überprüft werden müsse. Die Übergangsvereinbarung sei ein "erster wichtiger Schritt" hin zu einer Dauerlösung. Israel befürchtet, dass Teheran auch nach der Einigung danach streben könnte, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. Das Abkommen erlaube dem Land, weiterhin Uran anzureichern. Dies werde das Wettrüsten in der Region anheizen, sagte Außenminister Avigdor Lieberman der israelischen Nachrichtenseite ynet.

Viele Staaten haben den Verdacht, dass der Iran unter dem Deckmantel seines Atomprogramms nach Nuklearwaffen strebt. Die Islamische Republik weist dies zurück und pocht auf das Recht zur zivilen Nutzung der Atomenergie.

"Jetzt liegt die Last beim Iran, der Welt zu beweisen, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient", sagte Obama in Washington. Er betonte, dass die "Sanktionsarchitektur" im Großen und Ganzen intakt bleibe. "Und wenn der Iran in dieser sechsmonatigen Phase seinen Verpflichtungen nicht voll nachkommt, werden wir die Erleichterungen zurücknehmen und den Druck erhöhen", sagte Obama.

Kritik aus Israel

Lieberman sprach vom "größten diplomatischen Sieg des Irans in den letzten Jahren". Israels Geheimdienstminister Juval Steinitz warf dem Iran vor, es führe den Westen in die Irre und dieser mache sich selbst etwas vor. "Trotz der Enttäuschung werden wir weiter auf unseren Positionen beharren und mit unseren Freunden in den USA und auf der ganzen Welt zusammenarbeiten, um ein umfassendes Abkommen zu erzielen", sagte er laut ynet.

Nach Angaben des Weißen Hauses soll die Übergangsvereinbarung für sechs Monate gelten. In dieser Zeit solle eine umfassende Dauerlösung ausgehandelt werden. Demnach sieht die vorläufige Übereinkunft vor, dass der Iran die Anreicherung von Uran bei fünf Prozent deckelt. Uran, das bereits auf 20 Prozent angereichert worden ist, solle so verdünnt oder verändert werden, dass es nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden könne.

Außerdem dürften keine neuen Zentrifugen und Anreicherungsanlagen eingerichtet werden. Bereits installierte Zentrifugen, die noch nicht in Betrieb genommen worden seien, müssten außer Betrieb bleiben. Die Anlagen würden von Inspekteuren der Atombehörde IAEA überwacht.

Im Gegenzug erklärten sich die USA nach Angaben des Weißen Hauses zur Lockerung von Sanktionen im Umfang von sieben Milliarden Dollar (5,2 Milliarden Euro) bereit. US-Außenminister John Kerry betonte in Genf, dass die Vereinbarung die gesamte Region in Nahost sicherer mache. "Sie wird auch unseren Verbündeten Israel sicherer machen."

Vertreter der fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschlands (5+1) hatten seit Mittwoch mit der iranischen Delegation in Genf über eine Übergangslösung verhandelt, um den jahrelangen Streit um das iranische Atomprogramm beizulegen. Am Freitag und Samstag stießen die Außenminister zu den Gesprächen hinzu.

Westerwelle: "Wendepunkt"

"Wir haben in den 5+1-Gesprächen eine Einigung", verkündete die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton schließlich am frühen Sonntagmorgen. Bei einem kurzen gemeinsamen Auftritt mit den übrigen Ministern, unter ihnen der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif, sprach sie von einem "bedeutenden Schritt" zu einer neuen Qualität der Beziehungen zum Iran.

Sarif äußerte die Hoffnung, dass die Vereinbarung nun zu besseren Beziehungen zum Westen führe. Die Entscheidungen von Genf würden in den nächsten drei Wochen umgesetzt. Sarif unterstrich, dass keine der Anreicherungsanlagen in seinem Land die Arbeit einstellen müssten. Auch die Arbeit am geplanten Schwerwasserreaktor Arak werde in der jetzigen Form weitergeführt.

Der amtierende Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die Vereinbarung als "Wendepunkt" und sah darin "erste substanzielle Schritte". "Wir sind unserem Ziel, eine atomare Bewaffnung Irans zu verhindern, einen entscheidenden Schritt näher gekommen." Die nächsten Monate müssten genutzt werden, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. "Entscheidend sind eine transparente, überprüfbare Umsetzung der Vereinbarungen und eine zügige Fortsetzung der Verhandlungen mit Blick auf eine abschließende Lösung. Wir sind dazu bereit und erwarten das Gleiche von der iranischen Führung."


Quelle:
dpa