600. Geburtstag von Katharina von Bologna

Mauer statt Mann

Bologna ist eine einzigartige Stadt, auch als Stadt der Künste, da sie allein eine Malerpatronin hat: die Klarisse Katharina. Vor 600 Jahren wurde sie in einer Bologneser Adelsfamilie als Caterina de' Vigri geboren.

Autor/in:
Anselm Verbeek
 (DR)

Während anderswo der heilige Lukas als Malerpatron galt, hatte die norditalienische Metropole eine Ordensfrau als Schutzherrin der Malergilde verehrt. Nach ihrem Tod wurde der einbalsamierte, "unversehrte" Leib der Gründungsäbtissin des Klarissenklosters Corpus Domini in Bologna Mittelpunkt eines Heiligenkults.

Und so empfängt Katharina von Bologna, am 8. September 1413 geboren, - aufrecht im Ordenshabit auf einem Thron sitzend - in ihrer Cappella della Santa auch heute jeden Besucher, ob fromme Pilgerin oder neugierigen Touristen. Künstlerische Begabung und vorbildliches Leben - vor allem aber Visionen und Ekstasen - begründeten den Ruf von Katharinas Heiligkeit, die nach ihrem Tod am 9. März 1463 kanonisiert wurde.

Bologna ist der Geburts- und Sterbeort der Klarisse; die meisten Lebensjahre verbrachte sie aber in Ferrara, wo ihr Vater in Diensten des Stadtherren Niccolo III. d'Este stand. Katherina, noch ein Kind, war Vertraute der Prinzessin Margherita d'Este. Am d'Este-Hof genoss sie exzellente Ausbildung. Wie viele junge Frauen wurde Katharina vor die Frage gestellt: Ehemann oder Mauer? Sie entschied sich für die schützende Klostermauer.

Freiheit im Kloster

Tragische Erlebnisse förderten ihre Berufung: Ganz Italien war erschüttert, als Niccolo d'Este seine zweite Gemahlin und seinen natürlichen Sohn hinrichten ließ, die der eifersüchtige Fürst in verbotener Liebschaft ertappt hatte. Katharinas Vater, der sich dem Ordenseintritt widersetzt hatte, starb. Zudem vermählte sich ihre Freundin, Prinzessin Margherita, mit einem Condottiere, der wenig später starb und seine Gattin zurückließ, die vier Jahrzehnte verwitwet lebte. Katharina entschied sich für die Freiheit hinter Mauern, für ein weltabgekehrtes spirituelles Leben.

1426 trat sie in Ferrara einer Frauengemeinschaft bei, die sich nach jahrelangen Richtungskämpfen dem weiblichen Zweig der franziskanischen Ordensfamilie anschloss, der Regel der heiligen Klara. Die Hofdame Katharina wuchs in ihre geistliche Berufung hinein. In Demut und Gehorsam besorgte sie "niedere" Dienste wie Hausarbeit oder Krankenpflege. Als charismatische Erzieherin und Novizenmeisterin prägte sie ihr Umfeld; sie nannte ihre Novizinnen "Mägde und Bräute Christi", die "Briefe des himmlischen Bräutigams" im Gotteswort der Evangelien erhielten.

In ihrem Werk "Le sette armi spirituali" ("Die sieben geistlichen Waffen") hat sie ihr Vermächtnis festgehalten. Die erst nach Katharinas Tod im Jahr 1511 veröffentlichte Schrift handelt vom geistig-geistlichen Kampf um die Tugend und um ein wahrhaft christliches Leben. Ungewöhnlich ist allein der Einstieg: "Jede Liebende, die den Herrn liebt / komme zum Tanze und singe aus Liebe / komme und tanze ganz entflammt".

Fromme Malereien

Ohne den Klosterrhythmus zu stören, zündete Katharina ein künstlerisches Begleitprogramm: Nach dem Vorbild profaner Tanzlieder dichtete sie in Volkssprache fromme Lobgesänge, die Lauden, die sie vertonte und fiedelnd aufführte. Kahle Klostermauern verschönerte sie mit ihren Malereien vom Jesuskind.

Als Standesperson und als Frau konnte Katharina - anders als der malende Dominikaner Fra Angelico - nicht in der Öffentlichkeit wirken. Ihre Kunst diente vor allem der Erbauung. Im Klarissenkonvent von Bologna haben sich wenige Gemälde und ihre kleine Violine sowie ihr handgeschriebenes und illustriertes Brevier erhalten. Die Liebe der Gottesmutter zum Jesuskind war in der Gemeinschaft junger Frauen, die der Welt entsagend auf ihren himmlischen Bräutigam warteten, ein tiefes Herzensanliegen: "Madonna col bambino" oder "Madonna del Pomo" sind kleine Bildtafeln von ergreifender Innigkeit.

Papst Benedikt XVI. hat während einer Generalaudienz im Oktober 2010 Katharinas gedacht und dabei auch ihre "geistliche Krise" erwähnt. Die Klarisse hatte gefürchtet, durch zu viel Beten und Kasteien den Verstand zu verlieren. Wieder war es eine gnadenhafte Vision, die ihr aus Bedrängnis half: Ihr erschien der Märtyrerbischof Thomas Beckett, um zu zeigen, wie er nach dem Gebet ruhte. Katharina fand ihren Schlaf und zu ihrer Harmonie zurück.

Die Klausur hinderte sie nicht, Verantwortung auch außerhalb des Konvents zu tragen. Besonders hat sie, die selbst Zweifel am Mysterium der dogmatisierten Eucharistie durchlitten hatte, um das Seelenheil von Sündern gerungen. Das Schicksal eines "Ketzers", der auf dem Scheiterhaufen gestorben war, ging ihr besonders nahe. Katharina glaubte, in diesem "liebsten Bruder" einen Fürsprecher im Himmel zu haben.


Quelle:
KNA