Katholische Krankenhäuser behandeln Vergewaltigungsopfer

"Vermutlich ein Missverständnis"

Die Stiftung der Cellitinnen hat sich dafür entschuldigt, dass ihre Kliniken die Behandlung einer vergewaltigten Frau verweigert haben. Die diensthabenden Ärzten hätten eine Handlungsempfehlung missverstanden, so ein Sprecher.

Heilig-Geist-Krankenhaus in Köln (DR)
Heilig-Geist-Krankenhaus in Köln / ( DR )

Geschäftsführer Andre Meiser sagte am Donnerstag vor Journalisten in Köln, dass es bei den diensthabenden Ärzten ein Missverständnis über die im November herausgegebenen Handlungsempfehlungen der Ethik-Kommission beider Kliniken gegeben habe. Eine Behandlung vergewaltigter Frauen mit anonymer Spurensicherung für ein Gerichtsverfahren sowie eine Beratung auch über einen möglichen Schwangerschaftsabbruch seien nach den Regelungen möglich. Die Verschreibung der "Pille danach" sei aber nicht erlaubt.

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte berichtet, dass im Dezember zwei Kliniken in Trägerschaft der Stiftung der Cellitinnen zur heiligen Maria in der Domstadt die Behandlung einer 25-Jährigen abgelehnt hatten. Die Frau war bei einer Party mit K.o.-Tropfen betäubt worden und später auf einer Parkbank zu sich gekommen. Eine Notärztin hatte die Kliniken gebeten, Spuren einer eventuellen Vergewaltigung zu sichern. Die Einrichtungen verweigerten laut Bericht die Untersuchung, weil damit auch ein Beratungsgespräch über eine mögliche Schwangerschaft und deren Abbruch sowie das Verschreiben der "Pille danach" verbunden sei.

Kommunikationsprobleme

Meiser bedauerte Kommunikationsprobleme über die Stellungnahme der Ethikkommission. Diese sehe neben der Heilbehandlung und der Sicherung gerichtsverwertbarer Spuren auch eine Beratung über weitere mögliche medizinische Maßnahmen im Falle einer Schwangerschaft vor, damit sich eine Patientin informiert und autonom selbst für oder gegen eine "Pille danach" zur Verhinderung einer Schwangerschaft entscheiden kann. Die Verschreibung der Pille müsse aber in einer anderen Einrichtung erfolgen. Weil die "Pille danach" eine befruchtete Eizelle tötet, sieht die katholische Kirche darin eine Abtreibung, die sie ablehnt.

Meiser betonte, dass die Initiative zu den ethischen Handlungsempfehlungen allein von den Kliniken ausgegangen sei und nicht auf einer Intervention des Kölner Kardinals Joachim Meisner beruhe. Auch habe es keinen Fall gegeben, dass einem Klinikmitarbeiter wegen eines Verstoßes gegen ethische Richtlinien gekündigt worden sei. Beide Behauptungen im Artikel des "Kölner Stadt-Anzeigers" seien falsch.

Der Abteilungsleiter Krankenhaus beim Kölner Diözesan-Caritasverband, Peter Brüssel, sagte auf Anfrage, dass es im Erzbistum Köln keine einheitlichen Richtlinien über den Umgang seiner Krankenhäuser mit Vergewaltigungsopfern gebe. In ihrer Praxis richteten sich die Kliniken nach den allgemeinen ethischen Grundsätzen der katholischen Kirche.

Der Geschäftsführer des Katholischen Krankenhausverbandes, Thomas Vortkamp, sagte dem Internetportal katholisch.de, es handle sich um ein «sehr schwieriges Thema». Die Verantwortlichen müssten abwiegen «zwischen der persönlichen tragischen Situation der betroffenen Person und den ethischen Grundsätzen der katholischen Kirche». Generell habe eine katholische Klinik auch in einem solchen Fall die notwendige medizinische Behandlung zu leisten sowie seelsorgerliche und psychosoziale Begleitung anzubieten.

Bedauern des Erzbistums

Auch das Erzbistum äußerte sich zu den Vorwürfen. Dem domradio sagte Bistumssprecher Christoph Heckeley: "Obgleich die genauen Umstände noch nicht bekannt sind, bedauert das Erzbistum Köln die geschilderten Ereignisse sehr. Mit allem Nachdruck muss aber der Vorwurf zurückgewiesen werden, dass derzeit Opfer einer Vergewaltigung in katholischen Kliniken nicht behandelt werden dürften. Eine solche Darstellung ist falsch und entbehrt jeder Grundlage. Im Gegenteil: Die geltenden Richtlinien des betroffenen Krankenhausträgers verpflichten ausdrücklich zur umfassenden Heilbehandlung in einer solchen Situation; dazu gehört auch eine volle Kooperation mit der Anonymen Spurensicherung." Insofern sei der Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" irreführend.

In Deutschland muss der Arzt ein Vergewaltigungsopfer auf die Gefahr einer Schwangerschaft und auf die Möglichkeit der "Pille danach" hinweisen. Eine Verschreibung dieses Medikaments ist Medizinern in katholischen Krankenhäusern von ihrem Arbeitgeber nicht gestattet, sie sind dazu aber auch nicht gesetzlich verpflichtet. Da die "Notfallpille" eingenommen wird, um eine befruchtete Eizelle zu töten, lehnt die katholische Kirche sie ebenso ab wie andere Formen der Abtreibung.

Unterdessen kündigte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium eine Prüfung an, ob ein Verstoß der Krankenhäuser gegen gesetzliche Regelungen vorliege. Hierzu sei Kontakt mit allen relevanten Stellen aufgenommen worden. Vor einer Aufklärung des Sachverhalts sei es nicht möglich, den konkreten Fall zu bewerten. Ministerin Barbara Steffens (Grüne) betonte aber, dass grundsätzlich kein Krankenhaus ein Gewaltopfer abweisen dürfe. Neben der Therapie körperlicher und psychischer Schäden müsse eine Spurensicherung für die spätere Strafverfolgung erfolgen.


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