Geplante "Homo-Ehe" spaltet Gesellschaft

Uneinige Franzosen

Sonderbusse und Spezialzüge aus allen Ecken Frankreichs rollen an, bis zu eine halbe Million Menschen sollen kommen – zur Demonstration gegen die sogenannte Homo-Ehe in Paris. Das Thema spaltet Frankreich.

Autor/in:
Nina Schmedding
 (DR)

Frigide Barjot (Frigide Verrückt) nennt sich nicht ohne Selbstironie die Organisatorin des Bündnisses "Manifpourtous" (Demo für alle), das seit Herbst Demonstrationen gegen die Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen in Frankreich veranstaltet. Die engagierte Katholikin spielt damit auf den Slogan "Ehe für alle" an, mit dem Staatspräsident Francois Hollande im Wahlkampf für die Einführung der sogenannten Homo-Ehe warb. Genau diese Neuerung will das Bündnis um Frigide Barjot verhindern.

Die Nationalversammlung befasst sich am 29. Januar mit dem Entwurf, der Eheschließungen zwischen homosexuellen Partnern sowie die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare erlauben soll. Die Parlamentarier sollen auch darüber entscheiden, inwieweit homosexuellen Paaren künstliche Befruchtung gestattet werden soll - ein Punkt, den Staatspräsident Hollande in der Debatte bisher offen gelassen hat.

Bischöfe kritisieren Regierung

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Kardinal Andre Vingt-Trois, kritisierte in einem vorab veröffentlichten Interview des Magazins "Le Pelerin" die Haltung der Regierung zu gleichgeschlechtlichen Ehen und den daraus folgenden Konsequenzen. Eine durch künstliche Befruchtung notwendige Legalisierung der Leihmutterschaft könne schwerwiegende Folgen haben, so Vingt-Trois. Er bemängelte weiter, dass es keine öffentliche Debatte über das Thema gegeben habe.

Angesichts dessen gab der Pariser Erzbischof auch seine bislang zögerliche Haltung hinsichtlich der Demonstrationen gegen die "Homo-Ehe" auf. Er befürwortet die Teilnahme als Möglichkeit, Widerstand zu zeigen. Vingt-Trois selbst werde am Sonntag nicht teilnehmen, jedoch "vielleicht die Demonstranten grüßen", sagte er am Mittwochabend nach einem Gespräch von Religionsführern mit Hollande. Bei dem Treffen sei das strittige Thema nicht angesprochen worden. Vertreter von Islam und Judentum betonten jedoch, dass nicht die Religionen eine Front gegen die "Homo-Ehe" bildeten, sondern die "französische Gesellschaft".

Seitdem der Ministerrat im November den Gesetzentwurf zur Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen und der Adoption durch homosexuelle Paare verabschiedete, hat sich der Konflikt zwischen Kirche und Regierung immer mehr verschärft. Jüngster Streitpunkt zu Wochenbeginn: die Behandlung des Themas an katholischen Privatschulen.

Auch Befürworter formieren sich

Während Bildungsminister Vincent Peillon von den katholischen Schulen Neutralität verlangt und eine Aussparung der Debatte im Unterricht fordert, sieht der Generalsekretär des katholischen Schulwesens, Eric de Labarre, die Notwendigkeit, das Thema an den katholischen Schulen nach Bedarf zu diskutieren: Zündstoff für eine neue Diskussion um das französische Prinzip der Laizität, der Trennung von Staat und Kirche.

Die geplante Gesetzesänderung spaltet die Gesellschaft: Nicht nur explizit katholische Kreise und Vertreter anderer Weltreligionen engagieren sich mittlerweile gegen die Öffnung der Ehe; auch Abgeordnete der Oppositionspartei UMP kündigten ihre Teilnahme an der Kundgebung an. Der ehemalige Europaminister Laurent Wauqiez will sogar eine Volksabstimmung über das heikle Thema erreichen.

Auf der anderen Seite formieren sich die Befürworter des Gesetzes: Am 26. Januar, drei Tage vor der Abstimmung in der Nationalversammlung, wollen sie für die "Ehe für alle" auf die Straße gehen. Nach der aktuellsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts ifop ist eine knappe Mehrheit der Franzosen für die Gesetzesänderung. 60 Prozent sprachen sich dafür aus - wenn sie das Thema auf der politischen Tagesordnung auch eher als zweitrangig betrachteten. Ein wenig anders stelle sich das Stimmungsbild hinsichtlich von Adoptionen durch Homosexuelle dar: Hier sind die Befürworter den Angaben zufolge mit 46 Prozent in der Minderheit.


Quelle:
KNA