Polizei fahndet nach Bombenfund nach Tatverdächtigem

"Höchst gefährlicher Sprengsatz"

Am Hauptbahnhof in Bonn hätte eine Bombe explodieren können - in einer Reisetasche war dort ein Sprengsatz abgestellt worden. Die Polizei ermittelte erst in Richtung islamistischer Terrorismus, musste aber jetzt zugeben: "Alles ist offen".

Autor/in:
Norbert Demuth und Michael Bosse
 (DR)

Der am Bonner Hauptbahnhof abgestellte Sprengsatz war nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft "höchst gefährlich". Bislang gebe es aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund, sagte Generalbundesanwalt Harald Range am Mittwoch in Karlsruhe. Deshalb habe man die Ermittlungen in dem Verfahren noch nicht übernommen.

Die Polizei suchte am Mittwoch weiter nach einem Tatverdächtigen. Der Leiter der Abteilung Terrorismusbekämpfung bei der Bundesanwaltschaft, Rainer Griesbaum, ergänzte, ein "anfänglicher Ermittlungsansatz in Richtung islamistischer Terrorismus" habe sich im Laufe des Dienstags zerschlagen. Momentan sei nicht von einem politisch motivierten Tathintergrund auszugehen. "Ein allgemein krimineller Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden", sagte der stellvertretende Generalbundesanwalt und fügte hinzu: "Alles ist offen."

Sprengkraft wie in Madrid 2004

Griesbaum betonte aber: "Es war ein höchst gefährlicher Sprengsatz." Nach einem "faz.net"-Bericht soll die in der Reisetasche deponierte Bombe eine so verheerende Sprengkraft wie die Sprengsätze von 2004 in Madrid gehabt haben. Damals waren 191 Menschen gestorben. "Wir können offiziell noch nichts bestätigen", sagte dazu ein Polizeisprecher in Köln.

Griesbaum verwies darauf, dass die Frage der möglichen Explosionskraft dieser "Spreng- und Brandvorrichtung" erst in den nächsten Tagen bei Untersuchungen geklärt werden könne.

Tasche enthielt Metallrohr und Gas-Kartuschen

Laut Griesbaum befand sich in der blauen Sporttasche ein Metallrohr, das mit einer Substanz gefüllt war. Darum seien Butangas-Kartuschen gebunden gewesen. Zudem sei in der Tasche ein Zündmechanismus mit einem Wecker mit Batterien gewesen. Einen Zünder habe man aber nicht gefunden. Möglicherweise wurde er zerstört oder weggeschleudert, als der Sprengsatz am Montag mit einem Wassergewehr unschädlich gemacht wurde. Ein Polizeisprecher sagte dazu: "Die Tasche wurde in 1.000 Einzelteile zerlegt, weswegen wir ein Puzzle zusammenlegen müssen."

Laut "faz.net" gehen die Ermittler davon aus, dass der Sprengsatz in einem Zug explodieren sollte. Bundesanwalt Griesbaum sagte weiter, zwei Jugendliche hätten einen Mann beobachtet, der ihnen die blaue Sporttasche vor die Füße gestellt habe, aus der "erkennbar" Kabel herausragten. Der Mann habe sich dann entfernt und mehrfach umgeschaut. Mit Nachdruck fahndete die Polizei am Mittwoch weiter nach einem 30 bis 35 Jahre alten und dunkelhäutigen Tatverdächtigen.

Bonner "Generalanzeiger": Neue Spur

Die Tasche war am Montag auf dem Bahnsteig 1 im Bonner Hauptbahnhof entdeckt worden. Der per Phantombild gesuchte Tatverdächtige soll sie dort abgestellt haben. Die Bundesanwaltschaft steht weiter im Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Bonn, die den Angaben zufolge in dem Fall wegen Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens ermittelt. Nach Angaben des Bonner "General-Anzeigers" gibt es eine neue Spur. So zeigten Aufnahmen einer Kamera in einem Fastfood-Restaurant am Bahnhof, wie "ein Mann weißer Hautfarbe" die verdächtige Tasche mit sich bringt. Dort soll ihm die Tasche dann von einem dunkelhäutigen Mann "entwendet" worden sein, hieß es laut Zeitung mit Verweis auf Sicherheitskreise.

Möglicherweise handelt es sich bei dem dunkelhäutigen Mann um den Tatverdächtigen, der die Tasche am Gleis 1 abgestellt haben soll. Auch dies wollten Polizei und Bundesanwaltschaft zunächst nicht kommentieren. In der Nacht zum Mittwoch waren zwei zunächst in Gewahrsam genommene Männer wieder freigelassen worden, weil sich kein Tatverdacht gegen sie ergab.


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