Piusbrüder schließen Bischof Williamson aus

Ins Abseits manövriert

Er hat nichts ausgelassen, um die Leitung der Piusbruderschaft gegen sich aufzubringen: Preisgabe interner Dokumente, dauernde Seitenhiebe gegen die Verhandlungen mit dem Vatikan, zuletzt eine unverhohlene Rücktrittsforderung an den Generaloberen. Heute teilte die Bruderschaft offiziell seinen Rauswurf mit. Der Entschluss sei bereits Anfang Oktober gefallen.

Auch in den eigenen Reihen nicht mehr erwünscht: Bischof Williamson (KNA)
Auch in den eigenen Reihen nicht mehr erwünscht: Bischof Williamson / ( KNA )

Letzte Chance verstrichen

Bereits am 4. Oktober hatte der Generalobere der Bruderschaft, Bernhard Fellay, gemeinsam mit dem Rat Bischof Williamson für ausgeschlossen erklärt, ihm jedoch eine letzte Frist zur Unterordnung eingeräumt. Darauf ging Williamson offenbar nicht ein. Er habe stattdessen angedroht, öffentlich den Rücktritt des Generaloberen Fellay zu fordern, hieß es in der Stellungnahme der Piusbruderschaft von Mittwoch.



Als "schmerzhafte Entscheidung" bezeichneten die Piusbrüder den Ausschluss. Dieser sei jedoch notwendig geworden "aus Sorge um das Gemeinwohl der Bruderschaft St. Pius X. und einer guten Leitung derselben".



Über den Rauswurf des Briten war in den vergangenen Tagen spekuliert worden. Williamson habe eine "kanonische Warnung" erhalten, hatte zuvor der Generalassistent der Piusbrüder, Pater Niklaus Pfluger, in der "Kirchliche Umschau" erklärt. Wenn Williamson seinen "Internet-Feldzug" gegen die Bruderschaft und ihren Generaloberen fortsetze, so werde "eine Trennung von der Bruderschaft unvermeidlich". Der Bischof habe sich mit seinen "kruden Ideen ins Abseits manövriert". Es sei eine Tragödie, dass Williamson die Autorität des Generaloberen der Bruderschaft Bernard Fellay seit Jahren nicht mehr anerkenne.



Scharfer Gegner einer Annäherung mit dem Vatikan

Williamson war von den Beratungen des Generalkapitels der Piusbruderschaft im Juli zeitweise ausgeschlossen worden. Er gilt als scharfer Gegner einer Annäherung mit dem Vatikan. Seit mehr als zwei Jahren findet ein Austausch zwischen Rom und den Piusbrüdern über eine Überwindung theologischer Streitpunkte statt. Seit Frühjahr stecken die Gespräche jedoch in einer Sackgasse. Dabei geht es vor allem um die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und seiner Beschlüsse zur Religionsfreiheit und zur Liturgiereform.



Williamson hatte 2008 in einem in Zaitzkofen bei Regensburg geführten Interview mit einem schwedischen Fernsehsender die Zahl der von den Nazis ermordeten Juden auf höchstens 300.000 beziffert und die Existenz von Gaskammern bestritten. Er steht deshalb in Deutschland wegen Volksverhetzung vor Gericht.



Spekulationen über ein Auseinanderbrechen der Gemeinschaft

Grund sei ein Streit über den religiösen Kurs innerhalb der traditionalistischen Bruderschaft, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". In Internetforen der Traditionalisten wird bereits über ein Auseinanderbrechen der Gemeinschaft spekuliert. Nach katholischem Kirchenrecht ist Williamsons Bischofsweihe zwar unerlaubt, aber gültig. Damit könnte er seinerseits eigene Anhänger zu Bischöfen weihen - und die Abspaltung von der Abspaltung weiter zementieren.



Williamson war zuvor bereits aus dem Generalkapitel, der Führungsspitze der Piusbruderschaft, ausgeschlossen worden, alle Tätigkeiten bis auf das Predigen waren ihm zuletzt verboten. Williamson hatte den deutschen Distriktsobere der Traditionalisten, Niklaus Pfluger, im Netz als bösartigen Geist beschimpft. Den Generaloberen der Bruderschaft, Erzbischof Bernard Fellay, nannte er durchtrieben. In der aktuellen Ausgabe der traditionalistischen Monatszeitschrift "Kirchliche Umschau" bezeichnete Pfluger es als Tragödie, dass Williamson die Autorität Fellays seit Jahren nicht mehr anerkenne.



Seit dem Beginn der Verhandlungen mit dem Vatikan über eine Rückkehr in die katholische Kirche, die vor wenigen Monaten scheiterten, wird über ein Auseinanderbrechen der Traditionalisten spekuliert. Die Bruderschaft war aus Protest gegen die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) gegründet worden. Die vom Vatikan geforderte Anerkennung von deren Lehren über die Anerkennung der Religionsfreiheit sowie den Dialog mit anderen Religionen und christlichen Konfessionen lehnte auch der als gemäßigt geltende Generalobere Bernard Fellay zuletzt ab.



Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene sind Streitpunkte

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Streitpunkte zwischen Vatikan und der Bruderschaft sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. Die Konzilslehren hätten die Tradition der Kirche zerstört, so Lefebvre, der selbst am Konzil teilnahm. Die Piusbruderschaft sieht sich als Bewahrerin der Tradition der "Heiligen Römischen Kirche".



Anfangs kirchlich anerkannt, zeigte sich die Piusbruderschaft zunehmend antikonziliar. 1975 entzog Rom ihr die kirchenrechtliche Zulassung. Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu. Die Weihen Lefebvres sowie die der von ihm Geweihten sind nach dem Kirchenrecht zwar unrechtmäßig, aber gültig.



Papst Benedikt XVI. ließ 2007 die alte lateinische Messe wieder allgemein zu und erfüllte damit eine Bedingung der Bruderschaft für die Aufnahme offizieller Gespräche. Am 21. Januar 2009 hob er als weitere Versöhnungsgeste die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Damit haben diese die Rechte katholischer Laien; die Ausübung kirchlicher Ämter ist ihnen aber weiter untersagt.



Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen. Am 14. September legte der Vatikan der Leitung der Piusbrüder eine "Lehrmäßige Erklärung" über grundlegende Glaubenslehren der katholischen Kirche zur Unterzeichnung vor. Davon hängt eine mögliche Wiedereingliederung der Bruderschaft in die katholische Kirche ab. Zuletzt geriet der Prozess ins Stocken.