Sportpfarrer Schütt über den Fall Lance Armstrong

"Doping bleibt eine große Herausforderung"

Lance Armstrong ist seine Tour-de-France-Titel los. "Es ging nicht anders", sagt Hans-Gerd Schütt. Im domradio.de-Interview warnt der Sport- und Olympiapfarrer aber davor, aus dem US-Amerikaner einen "klassischen Sündenbock" zu machen. Und zieht Parallelen zwischen der Welt des Sports und der Kirche.

 (DR)

domradio.de: "Lance Armstrong hat keinen Platz mehr im Radsport, er muss vergessen werden", sagte UCI-Präsident Pat McQuaid in Genf. Geht man da nicht zu hart mit einem als Radsportlegende gefeierten Sportler um?

Schütt: Die Konsequenz, die der Weltradsportbund gezogen hat, war unumgänglich. Das UCI sollte jetzt aber nicht so tun, als hätte es eine heroische Tat getan. Es ging ja gar nicht mehr anders. Jetzt ist das eingetreten, womit viele schon gerechnet haben nach den Ermittlungen der amerikanischen Anti-Dopingagentur. Und jetzt erleben wir, wie ein Held vom Sockel gestürzt wird - und sich gleichzeitig eine Problematik zeigt: Auf der einen Seite will die Öffentlichkeit Helden sehen, auch im Sport. Auf der anderen wird Lance Armstrong nun zum klassischen Sündenbock, der alle Schuld des Dopings auf sich laden soll. Aber das darf natürlich nicht passieren! Doping bleibt eine große Herausforderung in der Sportwelt.



domradio.de: Man hat in den vergangenen Jahren den Eindruck bekommen, dass der Radsport gar nicht mehr ohne Doping auskommen kann....

Schütt: Der Radsport ist auch ohne Doping möglich. Die Frage ist nur, welche Grenzen ein Training ohne Doping vorgibt. Das gilt aber für alle Sportarten. Es geht um die natürlichen uns Menschen gesetzten Grenzen. Und am Ende geht es um die Frage, ob der Mensch bereit ist, diese Grenzen zu akzeptieren - oder sie mit jedem Mittel zu überschreiten. Das gilt für den Hochleistungssport, bei dem es um viel Geld geht. Und das gilt genauso für den normalen Breitensport.



domradio.de: Könnte der Fall Lance Armstrongs ein Signal für einen Radsport ohne Doping sein?

Schütt: Wenn man damit signalisieren will, dass alles in Ordnung ist, wäre das fatal. Der Fall Lance Armstrong zeigt, wie verworren die Situation ist - nicht im Sport. Organisationen neigen dazu, sich abzuschotten und eigenen Gesetzmäßigkeiten zu folgen. Wir haben hier ja auch als Kirche in den vergangenen Jahren viele Einsichten neu gewinnen müssen. Und im Sport greifen Mechanismen, die das System des Dopings decken, international geschieht das auch ganz unterschiedlich. Deshalb stellt sich schon die Frage, ob ein solches System in der Lage ist, das Problem von sich aus anzugehen. Oder ob es eben auswärtiger Anstöße bedarf. Als DJK setzen wir möglichst früh an, junge Menschen, die mit dem Sport beginnen, für das Thema zu sensibilisieren. Damit sie die richtige Entscheidung fällen, sollten sie mal in eine Situation kommen, in der sie sich für oder gegen Doping entscheiden müssen.



Das Gespräch führte Pia Klinkhammer.