Bamberger Erzbischof für Stärkung sozialer Berufe

"Es braucht eine neue Sichtweise"

Ludwig Schick macht sich für höhere Löhne in sozialen Berufen stark. Nur durch eine gute und attraktive Ausbildung und bessere Bezahlung sei es möglich, junge Menschen dafür zu begeistern, einen sozialen Beruf zu ergreifen, so der Bamberger Erzbischof im domradio.de-Interview.

 (DR)

domradio.de: Sie sagen, der vergangene Woche in Bayern veröffentlichte 3. Sozialbericht offenbare Mängel: welche denn?

Erzbischof Schick: Zum Beispiel ist die Betreuung und Versorgung unserer alten Menschen in den Altenheimen sowie zu Hause noch verbesserungsfähig.  



domradio.de: Sie sorgen sich vor allem um die sozialen Berufe  - zu wenige entschließen sich, als Erzieher, Kranken- oder Altenpfleger zu arbeiten, was verständlich ist: Die Arbeitszeiten sind schlecht, körperlich und psychisch harte Arbeit und schlechte Bezahlung. Eine Krankenschwester zum Beispiel verdient rund 1800 Euro Brutto - da bleibt nicht viel über...

Schick: Die Löhne für Krankenschwestern und Altenpfleger müssen unbedingt erhöht werden. Auch die Ausbildung muss entsprechend gut sein. Wir können es uns nicht leisten, unausgebildete Kräfte in diese wichtigen sozialen Berufe hinzuschicken. Und es lassen sich junge Menschen nur gut ausbilden, wenn sie später entsprechenden Lohn im Berufsleben bekommen. Da muss sich einiges ändern.



domradio.de: Das ist ja nicht nur ein bayrisches Problem. Warum sind solche Berufe nicht anerkannt, schließlich wird jeder von uns über kurz oder lang kranken- oder Altenpflege nötig haben?

Schick: Wir sagen immer: Die Produktion von irgendwelchen Verwertungsgütern ist wichtig, dafür muss viel bezahlt werden, das bringt uns Fortschritt und sichert unsere Zukunft. Aber richtig betrachtet ist dem nicht so: Ein gutes solidarisches mitmenschliches Leben sichert eigentlich eine Gesellschaft - ihr Wohlergehen und ihre gute Zukunft. Und da braucht es eine neue Sichtweise. Und dann würden auch die sozialen Berufe mehr geschätzt und besser bezahlt.



domradio.de: Frau Haderthauer bei Ihnen in Bayern, sieht das offenbar als nicht so problematisch an. Sie sprach von bestmöglichen Chancen für alle. Warum ignoriert die Politik das Problem?

Schick: Sie müsste zum Beispiel mehr Geld ausgeben für die Auszubildenden. Und es gibt andere Baustellen, die unbedingt angegangen werden müssen, um mehr Menschen für Pflegeberufe zu gewinnen.



domradio.de: Welche gesellschaftlichen Folgen erwarten Sie - wenn das Ruder nicht jetzt rumgerissen wird?

Schick: Wir müssen damit rechnen, dass die alten Menschen - und eines Tages sind wir das - nicht entsprechend gepflegt werden können.



Das Gespräch führte Ina Rottscheidt.