Spitzen des Staates erinnern an NS-Widerstand

Aufruf zur Zivilcourage

Die Spitzen des Staates und des Landes Berlin haben am Freitag der Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime gedacht. Im Ehrenhof des Berliner Bendlerblocks legte Bundesratspräsident Horst Seehofer einen Kranz für die Opfer des Widerstands nieder.

 (DR)

In dem Hof wurden in der Nacht zum 21. Juli 1944 Claus Schenk Graf von Stauffenberg und vier Mitverschwörer hingerichtet, nachdem ihr Attentat auf Adolf Hitler Stunden zuvor missglückt war. Heute sind dort das Verteidigungsministerium und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand untergebracht.



Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sprach den Angehörigen der Opfer, von denen viele an der Gedenkfeier teilnahmen, Dank und Respekt für das Bemühen der Widerstandskämpfer aus. Ihr Vermächtnis mahne auch heute dazu, gegen Willkür und Fremdenfeindlichkeit aufzustehen, sagte Aigner. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte zu Zivilcourage gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus auf.



Erinnern an alle Widerstandsgruppen

Der ehemalige polnische Botschafter Janusz Reiter erinnerte nicht nur an die Vertreter des militärischen Widerstands, sondern auch an Gruppen wie die Weiße Rose und die Rote Kapelle sowie Christen, die sich dem NS-Regime entgegengestellt haben. Auch wenn ihr Widerspruch politisch folgenlos geblieben sei, sei er nicht sinnlos gewesen. Er habe die moralische Legitimation für das nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgebaute Deutschland gegeben, sagte Reiter.



Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, erklärte derweil in Berlin, die Menschen, die gegen Widerstand gegen die Nationalsozialisten leisteten, immer in Erinnerung behalten zu wollen. Er forderte Mut, bei Missständen nicht wegzusehen und sich couragiert gegen das Unrecht einzusetzen.



Die Bundesregierung und die Stiftung 20. Juli 1944 erinnern jährlich an die Opfer des Widerstands. Dazu gehörte am Freitagmorgen auch eine ökumenische Andacht in der Gedenkstätte Plötzensee. In der ehemaligen Hinrichtungsstätte sind zwischen 1933 und 1945 fast 3.000 Menschen ermordet worden.



Gelöbnis verschoben

Am Nachmittag legten dort unter anderem Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald (CSU), Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland (SPD), Kränze für die Ermordeten ab. Das Totengedenken sprach Axel Smend, der Sohn eines wegen seiner Beteiligung am Attentat hingerichteten Offiziers.



Unterdessen kritisierte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP), die Verlegung des für Freitagabend geplanten Gelöbnisses von Soldaten vom Gelände am Reichstagsgebäude auf den Paradeplatz im Bendlerblock. Schließlich sei "die Bundeswehr eine Parlamentsarmee und kein Ministerialheer", sagte Königshaus der Tageszeitung "Die Welt" (Freitagsausgabe).



Der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Stefan Paris, verteidigte dagegen die Entscheidung. Verteidigungsminister de Maizière und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hätten sich darauf verständigt, das Gelöbnis im jährlichen Wechsel am Bendlerblock und am Reichstagsgebäude stattfinden zu lassen. Seit mehr als zehn Jahren werden am 20. Juli Rekruten für ihren militärischen Dienst vereidigt. Bis 2008 fand es ausschließlich am Bendlerblock statt. In diesem Jahr sollten 400 Soldaten zum Gelöbnis antreten.