Das Treffen der Piusbrüder und die Chancen auf eine Versöhnung mit Rom

"Der Ball liegt in ihrem Feld"

Zurzeit tagt das Generalkapitel der Priesterbruderschaft. Im Mittelpunkt des Treffens dürften die Verhandlungen mit dem Vatikan stehen. Über die Chancen auf eine Versöhnung und die Folgen der Ernennung von Erzbischof Müller zum Präfekten der Glaubenskongregation im domradio.de-Interview der Publizist und Theologe Armin Schwibach.

 (DR)

domradio.de: Ab heute berät in Econe das Generalkapitel der Piusbrüder. Für deren Hardliner, wäre ein Scheitern der Verhandlungen mit Rom ein Erfolg. Der Aufstieg Müllers dürfte demnach Wasser auf ihre Mühlen sein. Warum genau?

Schwibach: Selbst für die Hardliner wäre ein Scheitern der Verhandlungen mit Rom keineswegs ein Erfolg, sondern eine große Niederlage. Zumal es ihnen ja auch um die Einheit der Kirche geht. Wichtig ist: Es wird über den Zusammenhang der doktrinillen Gesprächen auf der einen Seite und den Wunsch nach einer kirchenrechtlichen Anerkennung der Priesterbruderschaft St. Pius X. verhandelt. Und es geht darum zu sehen, welche Linien und Prioritäten am wichtigsten sind; ob man sich an einer sogenannten Entgegensetzung zwischen den Positionen der sogenannten Konzilskirche festbeißen wird. Oder ob es möglich ist, auch auf einer doktrinellen Ebene noch weiter zu verhandeln. Erzbischof Müller stellt in dem Zusammenhang ein "Problem" dar, weil seit Jahren seine Positionen seitens der Priesterbruderschaft St. Pius X. in besonderer Weise zur Diskussion gestellt werden. Und weil er zum anderen als einer der "großen Feinde" sowohl der Gespräche der Piusbruderschaft mit Rom als auch ihrer reinen Existenz zum Beispiel auch in seiner Diözese angesehen wird.



domradio.de: Die Piusbrüder gelten als "ultrakonservativ", der neue Präfekt der Glaubenskongregation wird aber vielfach auch als "konservativ" bezeichnet. Das könnte ja auf den ersten Blick ein Vorzeichen für gute Beziehungen sein...

Schwibach: Seit Jahren sind die theologischen Positionen von Erzbischof Müller zu einer Zielscheibe seitens bestimmter Vertreter der Priesterbruderschaft St. Pius X. geworden. Aber Etikettierungen wie erzkonservativ und konservativ sind in der Regel nicht nützlich. Erzbischof Müller wurde in einer offiziellen Verlautbarung der Priesterbruderschaft St. Pius X. als Irrlehrer dargestellt: als einer, der das Dogma der Jungfräulichkeit Mariens leugnen würde, der in der Ökumene zu weit ginge. Was auch immer wieder eine Rolle spielt ist seine "Vergangenheit", seine Kontakte zur Befreiungstheologie in Lateinamerika. Und was einem Müller auch nicht verziehen wird, ist dass er ein sogenannter Lehmann-Schüler ist.



domradio.de: Der Papst - so heißt es - sei den Piusbrüdern, also den Lefebvre-Anhängern,  immer weiter entgegengekommen. Erzbischof Müller hingegen hatte bislang immer eine sehr harte Haltung gegenüber den Traditionalisten. Wird es hier möglicherweise zu Konflikten innerhalb des Vatikans kommen?

Schwibach: Dass es zu Konflikten innerhalb des Vatikan kommen wird, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Wie auch Erzbischof Müller in seinen ersten Wortmeldungen zum Ausdruck gebracht hat, fühlt er sich in erster Linie als Diener des Papstes und dazu berufen, seine Arbeit so zu verrichten, dass sie dem Willen des Papstes entspricht. Und er so seinen weltlichen Dienst tun kann. Was dazu kommt. Ein Präfekt der Glaubenskongregation hat die weltkirchliche Perspektive in den Vordergrund zu stellen und hat sich nicht von der "lokalen Ebene" um die Probleme zu kümmern, die für ihn als Ortsbischof relevant sind.



domradio.de: Welche Szenarien sehen Sie für eine mögliche Versöhnung?

Schwibach: Im Moment liegt der Ball im Feld der Piusbruderschaft. Alles, was sich jetzt entwickeln wird, hängt vom Ausgang des Generalkapitels ab. Es ist so, dass die Frage der Priesterbruderschaft St. Pius X. innerhalb der Kurie absolute Chefsache ist. D.h. es ist der Papst selbst, der sich darum kümmert; es ist der Papst selbst, der den ganzen Prozess der letzten drei Jahre persönlich begleitet hat und über jede Phase dieses Prozesses unterrichtet ist.



Zur Person: Dr. Armin Schwibach ist Romkorrespondent der katholischen Internetzeitung KATH.NET.



Das Gespräch führte Verena Tröster.