Bund und Länder wollen bei der Energiewende Tempo machen

Die Zeit drängt

Bund und Länder drücken bei der Energiewende aufs Tempo. Bis zum Sommer soll ein Zeitplan für den Netzausbau stehen, so das Ergebnis des Energiegipfels in Berlin. Im domradio.de-Interview mahnt Damian Ludewig von der Klima-Allianz Deutschland zu schnelleren Schritten. "Da fehlt auf ganzer Linie die politische Orientierung, wo es hingehen soll."

Autor/in:
Nicole Scharfschwerdt
 (DR)

Die Kanzlerin müsse sich auf EU-Ebene stärker einbringen. So müssten die CO2-Emissionen auf 30 Prozent gesenkt werden und nicht nur auf 20 Prozent, meint Ludewig am Mittwoch gegenüber domradio.de. Er gehört dem Sprecherrat der Klima-Allianz Deutschland an und ist Geschäftsführer des Forums Ökologisch- soziale Marktwirtschaft. Für ihn steht fest: "Die fossilen Energieträger sind endlich. Wir müssen umsteigen."



Vertreter von Bund und Ländern wollen sich künftig zwei Mal im Jahr treffen, "um Fortschritte und nicht erledigte Aufgaben zu identifizieren", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Gespräch mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer am Mittwoch in Berlin. Für das nächste reguläre Treffen mit den Länderchefs am 14. Juni stellte Merkel einen Zeitplan zum Netzausbau in Aussicht.



"Wir wollen den Erfolg"

Merkel zeigte sich auch zuversichtlich, dass es bei der umstrittenen Kürzung der Solarförderung noch bis zur Sommerpause einen Kompromiss geben werde. "Hier drängt die Zeit", sagte sie. Auch bei der steuerlichen Absetzbarkeit der Gebäudesanierung solle bis zum Sommer ein Kompromiss gefunden werden. Darüber hinaus stellte Merkel einen Vorschlag zum Kraftwerksausbau in Aussicht. Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse harmonisiert werden mit "grundlastfähigen Kraftwerken". "Wir wollen den Erfolg", sagte sie.



In mehreren Arbeitsgruppen wollen Bund und Länder nach Lösungen suchen. Ein zusätzlicher Austausch soll im Rahmen sogenannter "Plattformen" stattfinden, die bei den Ministerien für Umwelt und Wirtschaft angedockt sind. Am Runden Tisch sollen sich hier Vertreter von Bund und Ländern sowie weitere Akteure der Energiewende treffen.



  Altmaier zufrieden mit Energiegipfel

Nach Angaben von Wirtschaftsminister Philipp Rösler befasste sich die Runde auch mit den Fragen Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie. Der FDP-Politiker bekräftigte, dass der Erfolg der erneuerbaren Energien mit dem Ausbau der Stromnetze zusammenhänge. Er ermahnte die Länder, ihre Aufgaben zu erfüllen. So seien bislang nur zehn Prozent der geplanten Leitungen fertiggestellt. Zugleich versicherte er, dass der Bund mit dem Netzentwicklungsplan seinen Teil der Aufgaben erfüllen werde. Dieser soll in der nächsten Woche vorgelegt werden.



Bundesumweltminister Peter Altmaier äußerte sich zufrieden mit den Ergebnissen des Treffens. "Ich habe aus diesen Gesprächen heute den Eindruck mit nach Hause genommen, dass die Energiewende gelingen kann und dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind", sagte der CDU-Politiker. "Wir sind heute dem Ziel eines nationalen Konsenses ein gutes Stück näher gekommen", fügte er hinzu.



Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen bezeichnete das Treffen als wichtigen Schritt, auch unterschiedliche Interessen aufzuarbeiten. "Die Energiewende darf nicht am Föderalismus scheitern", betonte der CDU-Politiker. "Wir werden hier alle gemeinsam aufs Tempo drücken müssen, Politik, Wirtschaft und auch die Gesellschaft."



Seehofer setzt auf neuen Umweltminister

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck wertete den Energiegipfel grundsätzlich als Erfolg: "Es war konstruktiv", sagte er. Zugleich bekräftigte er noch einmal seine Forderung nach einer besseren Verzahnung der einzelnen Maßnahmen der Energiewende. Die zentrale Koordinierung müsse bei der Bundesregierung liegen.



Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer äußerte sich nach der Konferenz zurückhaltend. "Es geht voran, aber zäh", teilte Seehofer via Facebook mit. "Wir werden bei der Energiewende von Bayern aus weiter Gas geben", fügte er hinzu. Vor Beginn des Treffens hatte er in der "Süddeutschen Zeitung" Alleingänge seines Landes nicht ausgeschlossen. Der CSU-Politiker drohte damit, wesentliche Teile der Energieversorgung im Freistaat wieder in die eigene Hand zu nehmen. Nach dem Treffen betonte er: "Ich setze auf den neuen Bundesumweltminister."



Merkel hatte die Ministerpräsidenten und die zuständigen Minister am Mittwoch zu einem Treffen ins Kanzleramt geladen. Die Tagesordnung umfasste elf Punkte, zu denen unter anderem der Netzausbau, der Kraftwerksneubau und die Strompreise zählten. Die Frage nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktiven Atommüll war nach Angaben Merkels nicht Teil der Beratungen.