In Kassel streiten Kirche und documenta über Kunst

Hessische Posse

Eine vom Künstler Stephan Balkenhol auf dem Turm der Kasseler Elisabethkirche platzierte Figur sorgt bei der documenta-Leitung für Verärgerung. Die künstlerische Leiterin der Weltkunstausstellung, Carolyn Christov-Bakargiev, fühlt sich von der Figur bedroht. Die Figur, die zu einer Ausstellung der katholischen Kirche mit insgesamt zehn Skulpturen des Künstlers gehört, stelle einen Eingriff in die Freiheit der documenta dar.

 (DR)

Christov-Bakargiev wäre erfreut, wenn die Kirche Respekt vor der documenta zeigen würde, sagte documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld. Die Besucher der nächsten documenta (9. Juni bis 16. September) wüssten nicht, was zu der Weltkunstausstellung gehöre und was nicht, sagte Leifeld. Die dominante Figur auf dem Turm, der in unmittelbarer Nähe des Hauptausstellungsortes Fridericianum liegt, widerspreche der Vorstellung von Kunst.



Die Überlegungen Christov-Bakargievs gingen dahin, den Menschen nicht mehr in den Mittelpunkt zu stellen, sondern Themen wie Ökologie oder Feminismus nach vorne zu bringen, sagte documenta-Pressesprecherin Henriette Gallus. Die auf einer goldenen Kugel stehende Figur mit ausgebreiteten Armen passe nicht dazu.



Abbau ausgeschlossen

Anders als die katholische Kirche habe die evangelische Kirche das Anliegen der documenta verstanden und auf eine eigene Ausstellung verzichtet, sagte Leifeld weiter. "Die Kirche sollte sich auf das zurückziehen, was sie wirklich kann", sagte er. Dazu gehöre die Reflexion der Kunst, etwa durch Symposien oder Tagungen der Evangelischen Akademie Hofgeismar.



Der Projektleiter der Ausstellung, Christoph Baumanns, schloss gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) einen Abbau der kritisierten Figur aus. Die Ausstellung werde auch nicht verschoben. Zudem habe sich der Künstler gegen einen Abbau ausgesprochen. "Wir machen das nicht, um die documenta zu ärgern", sagte Baumanns. Vielmehr sei die kirchliche Ausstellung ein Teil des städtischen Kulturprogramms "Kasselkultur 2012", in dessen Rahmen zahlreiche Veranstaltungen auch während der documenta angeboten würden. Die Bitte der documenta, keine eigene Ausstellung zu machen, sei daher für die katholische Kirche keine Option gewesen.