Gewalt in der Pflege weit verbreitet

Ein Tabuthema

Zwischen pflegebedürftigen Menschen und ihren Betreuern kommt es häufig zu Konflikten. Jeder Dritte, der pflegebedürftige Menschen in der Familie oder beruflich betreut, hat schon Erfahrungen mit Gewalt gemacht. Dazu zählen sowohl Beschimpfungen und entwürdigende Umgangsweisen als auch körperliche Gewalt.

 (DR)

Aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten repräsentativen Umfrage im Auftrag des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) geht hervor, dass bezogen auf die Gesamtbevölkerung jeder Fünfte eine Gewalterfahrung im Bereich der häuslichen Pflege gemacht.



An der Umfrage des Instituts Forsa nahmen 1000 repräsentativ ausgewählte Bürger teil. Ein Prozent von ihnen gab an, selbst pflegebedürftig zu sein. Insgesamt war die Hälfte der Befragten direkt oder indirekt mit der Betreuung eines pflegebedürftigen Menschen befasst.



Unkenntnis über Hilfsangebote

Allerdings wissen nur wenige, welche Hilfsangebote im Notfall genutzt werden können. Zwar ließen sich knapp die Hälfte der Menschen gerne professionell beraten, wenn sie gewalttätige Handlungen in einer Pflegesituation beobachteten oder selbst erlebten. Aber 65 Prozent wüssten nicht, wohin sie sich bei konkretem Bedarf wenden könnten. Nur jeder Zehnte würde hierbei einen Pflegestützpunkt einbeziehen. Vor allem eine aufsuchende Beratung wird als wirksame Unterstützung angesehen.



Trotz schwieriger Voraussetzungen ist die Bereitschaft der Befragten hoch, ihre Angehörigen im häuslichen Umfeld zu pflegen. Über 60 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass herausforderndes Verhalten kein Grund wäre, die Angehörigen in stationäre Pflege zu geben, sofern konkrete Angebote zur Entlastung vorhanden wären.



"Der Aufklärungsbedarf ist noch erheblich", sagte Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung ZQP. "Deshalb benötigen wir mehr spezielle Beratungsangebote in der Pflege, die ein frühzeitiges Erkennen und die Intervention bei derartigen Krisenfällen ermöglichen." Diese Angebote müssten vor allem präventiv wirken, um die Versorgungsqualität im Sinne der Betroffenen zu verbessern.

Gewalt und Aggressionen deuten nach Angaben der Experten in der Regel auf Überlastung oder Überforderung hin.