Experten diskutierten über Chancen und Risiken eines kirchlichen Engagements im Internet

Fluch und Segen zugleich

Aus der Lebensrealität vieler Menschen ist das Internet heutzutage nicht mehr wegzudenken und hat damit längst alle anderen Medien in den Schatten gestellt. Wie weit soll sich die Kirche auf die Gegebenheiten dieses Mediums einlassen und wo gibt es Grenzen eines Engagements? Über diese Fragen diskutierten Experten in Bonn bei der Tagung "Kirche und Netz", einer Veranstaltung des Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg.

Autor/in:
Nils Sönksen
Facebook-Gottesdienst in Köln: Ein gelungener Versuch (DR)
Facebook-Gottesdienst in Köln: Ein gelungener Versuch / ( DR )

Ob in der Wohnung, im Büro, oder unterwegs auf dem Smartphone, überall greifen Menschen auf das Internet zu, beschaffen sich Informationen und treten in Kontakt mit anderen Menschen weltweit. Das Internet entwickelt sich dabei immer mehr zu einem Lebensmittelpunkt, der von den traditionellen Verkündigungswegen der Kirche nicht mehr erreicht wird.
Gleich zu Beginn der Veranstaltung machte der Vorsitzende des Instituts, OP Prof. Dr. Ockenfels, deutlich, dass das Internet ein ambivalentes Medium sei, welches nicht in allen Ausprägungen für den Glauben von Nutzen sein könne. "Dennoch gibt es in Deutschland einen großen Nachholbedarf der Kirche, die Präsenz im Internet auszubauen." Anders könne man viele Menschen sonst nicht mehr erreichen. Nachrichtendienste, die sich auf kirchliche Nachrichten spezialisiert haben, seien dabei ein guter Anknüpfungspunkt, um die Botschaften des Christentums auch in den virtuellen Raum zu bringen.

Größte Revolution der Menschheitsgeschichte
Paul Badde, Romkorrespondent für die Tageszeitung Die Welt, bezeichnete das digitale Zeitalter als wohl größte Revolution der Menschheitsgeschichte, die nicht nur das Leben des einzelnen, sondern auch die Verkündigung der Kirche betreffe. Einen positiven Aspekt sah Badde im hohen Stellenwert, den Bilder im Internet genießen. "Wenn die Kirche ihre alten Glaubensbilder wieder neu entdeckt, kann sie auch im Internetzeitalter die Botschaft des Christentums zu den Menschen bringen." Doch dürfe die Kirche nicht vergessen, dass sie keine virtuelle Institution, sondern eine Institution in der Welt ist. "Wo hingegen Klickhäufigkeiten über die Platzierung einer Meldung entscheiden, kann die Wahrheitsfrage schnell in den Hintergrund geraten."
Neben Kath.net, deren Chefredakteur Roland Noé ebenfalls auf dem Podium mitdiskutierte, wurde das Internetmagazin F1rstlife besonders gewürdigt. "Wir versuchen vor allem die jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren zu erreichen und sie für Glaubensthemen und christliche Werte zu begeistern", sagte Matthias Lochner, Chefredakteur des Magazins. Dabei müsse immer wieder eine Brücke geschlagen werden von dem virtuellen Informationsplatz zu Begegnungen im realen Leben. "Gerade kirchenferne Menschen suchen im Internet bewusst nach Antworten auf die Fragen ihres Lebens. Daher muss die Kirche alle Möglichkeiten ausschöpfen, um diesen Menschen die christliche Botschaft näherzubringen."
Auf die Frage, ob das Internet Fluch oder Segen für den Glauben sei, antwortete Paul Badde: "Ein Messer ist für einen Metzger ein Segen und für einen Mörder ein Fluch. So verhält es sich auch mit dem Internet." Es wird also bei aller Euphorie über die nahezu unendlichen Möglichkeiten dieses Mediums immer auch um die Intention der Nutzung gehen. Worin diese Intention bestehen kann, hat Papst Benedikt XVI. bei einer Ansprache im Jahr 2010 verdeutlicht: Christus soll im Internet sichtbar gemacht werden. Daran werden sich alle Christen orientieren müssen, die sich aktiv an der Gestaltung des Internets beteiligen.