Bischofskonferenz verurteilt Internetportal "kreuz.net"

"Antisemitische Tendenzen"

Die Bischofskonferenz hat dem Internetportal "kreuz.net" mit Nachdruck den Kampf angesagt. "Diese latent antisemitische Seite hat in meinen Augen keine Existenzberechtigung", sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Donnerstag im domradio.de-Interview. Der Verfassungsschutz hatte zuvor das Portal als grundgesetzwidrig eingestuft.

 (DR)

domradio.de: Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich schon mehrfach von "kreuz.net" distanziert. Wie beurteilen Sie die Entwicklung, dass das Portal jetzt als grundgesetzwidrig eingestuft wird?

Kopp: In aller Klarheit, auch heute wiederhole ich noch einmal, dass wir uns als Bischofskonferenz massiv von "kreuz.net" distanzieren. Diese Seite hat mit der katholischen Kirche nichts zu tun. Hier wird der Begriff des Katholischen missbraucht. Wer in einer Form, in der Menschen beschimpft werden, in der Bischöfe beschimpft werden… Diese latent antisemitische Seite hat in meinen Augen keine Existenzberechtigung! Wenn jetzt der Verfassungsschutz darauf geht und auch noch einige andere juristische Mittel gesucht werden, ist das eine gute Entwicklung. Das Ziel muss sein, dass diese Seite möglichst bald aus dem Netz herausgenommen wird.



domradio.de: Was einen jetzt irritiert, ist, dass im Impressum der Seite steht, dass alle Betreiber angeblich Katholiken sind, die auch hauptamtlich im kirchlichen Dienst tätig sind. Es steht dort auch, dass ohne Namen eingereichte Informationen akzeptiert werden und es als Ehrensache betrachtet wird, Anonymität der Informanten zu wahren. Was sind denn das für Menschen?

Kopp: Die Anonymität zeigt die Feigheit der Verfasser, die hier ihren Sermon auf dieser Seite ablassen. Ich hoffe und gehe davon aus, dass keine Mitarbeiter im kirchlichen Dienst diese Seite unterstützen oder gar mit Informationen beliefern. Wenn dem doch so wäre, wäre das eine Ungeheuerlichkeit, denn das, was "kreuz.net" hier macht, hat mit der katholischen Kirche nichts zu tun. Sie sagen zwar "Nachrichten aus der katholischen Kirche". Wir haben das Problem, dass der Begriff "katholisch" nicht geschützt ist, hier wird der Begriff "katholisch" missbraucht. Ich will deutlich machen, wenn eine Seite antisemitische Tendenzen hat, wenn eine Seite Bischöfe auf das Gröbste beschimpft, bis hin auch zum Papst, wenn eine Seite den Holocaust leugnet, dann kann sie so im Netz nicht weiter existieren.



domradio.de: Heinz Fromm, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, stuft jetzt "kreuz.net" als grundgesetzwidrig ein. Gleichzeitig sagt er auch, dass der Verfassungsschutz an seine Grenzen stößt, weil nämlich der Server dieser Seite im Ausland registriert ist. Hat die katholische Kirche irgendwelche anderen Möglichkeiten zu intervenieren?

Kopp: Wir arbeiten an Möglichkeiten. Zu Näherem will ich mich nicht äußern. Man muss einfach schauen, wo steht der Server, was ist möglicherweise ein Fake. Es ist auffällig, wo die meisten Seitenaufrufe von "kreuz.net" herkommen - das ist nämlich nicht das Ausland, das sind nicht Großstädte, das sind ganz bestimmte Orte in Deutschland - und vielleicht kann man darüber etwas mehr erfahren, wo die eigentlichen Betreiber sitzen.



domradio.de: Indem man dort etwa den ortsansässigen Bischof ermuntert, etwas zu seiner Gemeinde zu sagen?

Kopp: Nein, der Bischof hat damit nichts zu tun und da muss auch keine Gemeinde gefragt werden. Hier müssen juristische Mittel geprüft werden und wenn der Verfassungsschutz auf diese Seite aufmerksam geworden ist, ist das eine gute Entwicklung.



domradio.de: Das Internet ist voll von privaten Seiten, die sich unter anderem mit katholischen Themen befassen, die auch ganz unterschiedliche Ansätze haben. Sehen Sie diese Vielfalt mit Skepsis oder mit Freude?

Kopp: Nein, eine Vielfalt im Internet ist doch etwas Gutes. Da kann ganz viel positiv vermittelt werden, an Glaubensfragen, an Kirchenfragen, an Theologie. Deshalb haben wir ja viele gute katholische Portale, nur wenn der Name "katholisch" missbraucht wird für eine einseitige Propaganda, dann ist das für uns unakzeptabel, auch als Bischofskonferenz. Die Vergangenheit bei "kreuz.net" hat gezeigt, dass gejohlt wird, wenn über Priester oder Bischöfe schlecht geschrieben werden kann, wenn Bischöfe als altliberal gebrandmarkt werden. Hier wird Ideologie betrieben, aber hier wird keine sachgerechte Theologie betrieben.



domradio.de: Seit wann beschäftigt sich die Deutsche Bischofskonferenz mit "kreuz.net"?

Kopp: Ich beschäftige mich mit "kreuz.net" seit dem 25.Januar 2009. Das war der Tag, ich erinnere mich noch sehr genau daran, wo ich mich das erste Mal von "kreuz.net" distanziert habe. Vorher ist mir diese Seite nicht aufgefallen und ich hoffe, dass die Nutzer im Internet auf bessere Seiten gehen als dieses Machwerk.



Das Interview führte Uta Vorbrodt (domradio.de)



Hintergrund: Das Bundesamt für Verfassungsschutz bewertet die Internetseite "kreuz.net" als teilweise antisemitisch und muslimfeindlich. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm kündigte in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Brief an, dass die Seite künftig vom Verfassungsschutz "noch intensiver geprüft" werde.



Laut Fromm zeichnet sich kreuz.net "durch homophobe, muslimfeindliche und antisemitische Äußerungen" aus, die teilweise eine "extrem aggressive Diktion" aufwiesen. Etliche Beiträge seien nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, böten Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und überschritten "die Grenzen zur Strafbarkeit".



"kreuz.net" bezeichnet sich selbst als "Initiative einer internationalen Gruppe von Katholiken in Deutschland und Übersee, die hauptamtlich im kirchlichen Dienst tätig sind". Die katholischen deutschen Bischöfe haben sich allerdings wiederholt von "kreuz.net" distanziert. Die seit Oktober 2004 online geschaltete Seite wurde laut Fromm in Nassau auf den Bahamas registriert. Der physikalische Speicherplatz liege im kanadischen Montreal.



Der Verfassungsschutz stößt nach eigenen Angaben bei im Ausland befindlichen Servern an seine Grenzen. Fromm verwies darauf, dass die meisten Artikel anonym seien; jedoch publizierten dort auch ein Vorstandsmitglied der "Bürgerbewegung Pro Köln" sowie eine "bereits wegen Volksverhetzung verurteilte, hier bekannte Person".