Vatikan gibt Piusbruderschaft 30 Tage für Klarstellung

Das Ultimatum

Der Vatikan sieht die bisherige Antwort der traditionalistischen Piusbrüder auf die kirchlichen Einigungsbemühungen als unzureichend an und hat ihnen eine letzte Frist von einem Monat gesetzt. Bei einem Treffen am Freitag überreichte der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, einen Brief des Papstes an den Oberen der Piusbruderschaft, Bernard Fellay. Darin werden die Traditionalisten aufgefordert, ihre Position zu klären und einen Bruch zu vermeiden.

 (DR)

Die Bruderschaft St. Pius X. wird vorerst nicht wieder in die katholische Kirche aufgenommen - ob mit oder ohne den Holocaustleugner Bischof Richard Williamson. Während der Vatikan eine Einigung mit den Traditionalisten zu deren Bedingungen ablehnt, gewährt er ihnen jedoch eine letzte Chance, die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils von vor fünfzig Jahren anzuerkennen und sich damit in letzter Minute den Weg für eine Rückkehr zu ebnen.



Die Antwort der Traditionalisten auf die jüngste Note der vatikanischen Glaubenskongregation sei "nicht ausreichend, um Probleme der Lehre zu überwinden, die die Grundlage des Bruchs zwischen dem Heiligen Stuhl und der Bruderschaft bilden", teilte der Vatikan mit. Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, habe dem Generaloberen der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, nach einem zweistündigen Gespräch jedoch eine weitere Frist gesetzt.



Bis Mitte April hätten die Traditionalisten nun Zeit zum "Nachdenken und zur Klärung ihrer Position". Ziel des neuerlichen Entgegenkommens des Vatikans sei es, "zu einer von Papst Benedikt XVI. gewünschten Überwindung des bestehenden Bruchs zu gelangen".



Länger erwartet

Was durch die offizielle Stellungnahme des Vatikans amtlich wurde, war aufgrund der kompromisslosen Haltung der Bruderschaft bereits seit Längerem erwartet worden. Wenn die Traditionalisten Reformen des Konzils wie die Anerkennung der Religionsfreiheit sowie Dialog mit anderen Kirchen und Religionen akzeptiert, verliert sie ihre Daseinsberechtigung. Denn zum Wesen der vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre als Reaktion auf das Konzil gegründete Gemeinschaft gehört nicht nur die auch von Papst Benedikt XVI. geschätzte Pflege einer würdigen Liturgie. Diese lehnt heute zu den Grundzügen der katholischen Lehre gehörende Überzeugungen wie die Notwendigkeit der Aussöhnung und des Dialogs mit den Juden schlicht ab.



Zu den Bedingungen für eine Überwindung des Schismas gehört aus vatikanischer Sicht allerdings auch die Anerkennung der Liturgie-Reform. Bereits jetzt dürfen die Traditionalisten ohne die bis vor wenigen Jahren gültigen Einschränkungen nach altem lateinischen Ritus Gottesdienst feiern.



Papst Benedikt XVI. hatte als Zeichen des Entgegenkommens für die Anhänger des verstorbenen Erzbischofs Lefebvre die Exkommunikation für die von diesem aus vatikanischer Sicht illegal geweihten Bischöfe aufgehoben. Dies sollte den Traditionalisten einen Weg zurück in die katholische Kirche erleichtern, als deren wahre Vertreter sie sich bereits jetzt ansehen.



Gärender Konflikt

Die Tatsache, dass in der katholischen Kirche mit der alten Messe auch erneut für die Bekehrung der Juden gebetet werden kann, hatte für starke Irritationen zwischen Rom und dem Judentum gesorgt. Nicht weniger heftig waren die Reaktionen auf die Aufhebung der Exkommunikation für den Holocaust-Leugner Williamson ausgefallen.



Wie wenig beweglich die Priesterbruderschaft in ihren Auffassungen ist, erlebte der Papst indes bereits Ende der 80er Jahre, als er mit Lefebvre eine Einigung zur Überwindung der Spaltung aushandelte. Dieser zog seine Unterschrift jedoch am Tag nach der Unterzeichnung zurück. Kurz darauf bekräftigte Lefebvre das Schisma, indem er erstmals ohne Billigung des Vatikans Bischöfe weihte, darunter Williamson.