Bischof Trelle und Präses Schneider über Kirche und Tourismus

Reif fürs Paradies

Für verantwortungsvolles Reisen werben Bischof Norbert Trelle und Präses Nikolaus Schneider. Dazu gehöre "Respekt vor den Menschen vor Ort und deren Kultur". Die Kirchen wollen Reisenden Anlaufstellen bieten. Viele Reisende seien auf der Suche nach Ruhe und religiösen Angeboten, so Bischof Trelle.

 (DR)

Präses Schneider betonte: "Deutschland ist ein religiöses Reiseland. Die Kirchen halten Orte der Einkehr, der Begegnung mit Gott und der kulturellen Erinnerung vor." Schneider und Trelle äußerten sich am Donnerstag auf einer Podiumsdiskussion der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Unter dem Motto "Reif fürs Paradies. Glücksverheißungen in Kirche und Tourismus" diskutierten Schneider und Trelle mit Vertretern der Tourismusbranche.



Trelle: Viele sehnen sich nach Sinn und Orientierung

Bischof Norbert Trelle unterstrich die hohen Erwartungen, die Menschen heute mit dem Urlaub verbinden: "Das zeigt, wie belastend und anstrengend die moderne Arbeitswelt ist. Sie lässt oft zu wenig Raum und Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Auch das vielfältige Interesse an religiösen und spirituellen Angeboten ist ein Zeichen für die Sehnsucht nach Sinn und Orientierung."



Die Kirchen seien Anlaufstelle mit zahlreichen kulturellen und gottesdienstlichen Angeboten der Gemeinden für Menschen, die unterwegs seien. Zum anderen stellten die über 40.000 Kirchengebäude der beiden großen Kirchen zentrale touristische Ziele dar. Die Kirchenvertreter verwiesen auch auf Angebote der Seelsorge und Begleitung für Reisende, zum Beispiel auf Flughäfen, Campingplätzen, in Autobahnkirchen oder an Bord von Kreuzfahrtschiffen.



Kritisch gegenüber einem "Erwartungsdruck des Glückerlebens"

Präses Schneider betonte, dass viele im Urlaub Anregungen für Körper, Geist und Seele suchten: "Die Kirchen treten für das Recht jedes Menschen auf Freizeit und Erholung ein und arbeiten vielfältig und gut mit Tourismusanbietern zusammen. Von ihnen können wir viel lernen. Zugleich stehen wir als Kirchen aber kritisch gegenüber einem ,Erwartungsdruck des Glückerlebens", der kommerziell zum Teil geweckt wird, die Menschen überfordert und oft auf Kosten anderer geht."



Die Kirchen setzten auf nachhaltige Reiseangebote und für faire Arbeitsbedingungen in der Tourismusbranche. Bischof Trelle warb für ein neues Verständnis von Paradiesvorstellungen. Dabei sei es gut, das Paradies nicht vom biblischen Bezug abzukoppeln: "Paradies ist der ideale Ort der Harmonie zwischen Gott und Mensch. Es ist der heilvolle Lebensraum schlechthin. Das menschliche Leben erscheint als Zustand der absoluten Sorgenfreiheit, frei von jeder Existenzangst. Neben der Vorstellung vom idealen Anfang tritt eine Hoffnung, die über den Alltag hinaus in die Zukunft weist." Bischof Trelle erklärte, dass es verständlich sei, wenn der Mensch nach Glück suche. Dazu trage auch der Tourismus bei: "Viele Menschen suchen Glück in der Natur. Ein Viertel aller Urlauber bevorzugen soziale Kontakte, ein Drittel zieht sportliche Aktivitäten vor. Immer geht es dabei um den Wunsch des Menschen, Glück zu erfahren.



"Urlaub sollte nicht nur der Erfahrung des "schönen Scheins’ dienen, sondern auch einen Eindruck von der Realität am Urlaubsort vermitteln", mahnten Präses Schneider und Bischof Trelle. Gerade die authentische Erfahrung helfe zur Verständigung und könne Vorurteile abbauen.