Vor 500 Jahren wurde der Kartograf Gerhard Mercator geboren

Ein neues Bild von der Erde

Die Epoche war für Forscher günstig: Das Mittelalter ging zu Ende. Erfindungen und Entdeckungen leiteten eine neue Zeit ein, Naturwissenschaft und Technik boomten, Seefahrer entdeckten neue Schifffahrtswege. Einer ihrer bedeutendsten Lotsen war Gerhard Mercator.

Autor/in:
Andrea Stengel
 (DR)

Für die Ortung der Schiffe brauchten sie zuverlässige Mittel: Kompass, Navigationsgeräte und Karten. Eine wertvolle Hilfe erhielten sie durch den Geografen und Kartografen Gerhard Mercator, dessen 500. Geburtstag am Montag ist. 1569 legte dieser seine 18 Blätter umfassende und für die Seefahrt bestimmte Weltkarte vor. Diese zeigte ein neues Bild von der Erde. Grundlage dafür war die nach ihrem Erfinder benannte Mercator-Projektion: Diese fasste die Erde bewusst nicht als Kugel, sondern als zylinderförmiges und an den Polen offenes Gebilde auf.



Auf diese Weise hatten alle Breitengrade dieselbe Länge, und die Längengrade wurden zu senkrechten Parallelen mit gleichen Zwischenräumen. Die aus Längen- und Breitengraden gebildeten Rechtecke besaßen also die gleiche Basisgröße. Für die Seeleute war diese Verzerrung des Erdbildes eine wertvolle Hilfe. Mit Globen konnten sie bei der Berechnung ihres Kurses nichts anfangen. Was sie brauchten, war eine ebene Kartenfläche. Trotz Verzerrung des Erdbildes basierte Mercators Weltkarte auf genauen geometrischen Unterlagen. Der Kartograf erhielt sie wohl durch Übertragen der entsprechenden Werte vom Globus auf die Karte. 1541 hatte er noch einen Globus gefertigt, der die Grundlage dafür bildete.



Damals lebte Mercator noch in Flandern. 1544 geriet er dort jedoch in den Verdacht der Ketzerei. Als vermeintlichen Anhänger der lutherischen Lehre warf man ihn in ein Verlies des Grafenschlosses von Rupelmonde an der Schelde - jenem Ort, in dem er am 5. März 1512 geboren worden war und in dem heute ein Museum an ihn erinnert. Eigentlich hieß er Gerhard Cremer und war deutscher Abstammung. Seine Eltern kamen aus Gangelt bei Geilenkirchen am Niederrhein.



In Duisburg findet Mercator seine neue Heimat

1552 verließ Mercator die Niederlande. Er hatte davon gehört, dass den Protestanten innerhalb der Reichsgrenzen religiöse Duldung zugestanden wurde, und ließ sich daraufhin in Duisburg nieder. Um den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern, unterrichtete er zunächst an der dortigen Lateinschule. Sein eigentliches Arbeitsgebiet war jedoch die Kartografie. Kennengelernt hatte Mercator diese Wissenschaft bei Gemma Frisius an der Universität Löwen. Dort hatte er nach seiner Schulzeit bei den "Brüdern vom gemeinsamen Leben" in "s-Hertogenbosch zu Beginn der 30er Jahre Mathematik, Astrologie und Philosophie studiert. Nach Abschluss seines Studiums ließ er sich als Geometer in Löwen nieder. Seinen Namen hatte er inzwischen, dem Zeitgeist entsprechend, latinisiert.



1537 erschien Mercators erstes kartografisches Werk, eine Karte des Heiligen Landes, die er selbst in Kupfer gestochen hatte. Ein Jahr darauf schuf er bereits eine kleine Weltkarte, wenig später eine auf eigenen Messungen basierende Karte von Flandern und 1541 schließlich je einen Erd- und Himmelsglobus. In Duisburg entstanden 1554 die 15 Blätter seiner Europakarte und 1569 die Weltkarte in der Mercator-Projektion. Seit 1575 arbeitete der Kartograf an einem Sammelwerk seiner Karten, das von 1585 an in Teilen erschien.



Seine erstmalige vollständige Veröffentlichung als "Atlas" im Jahre 1595 erlebte Mercator allerdings nicht mehr. Kurz zuvor, am 2. Dezember 1594, war er in Duisburg gestorben. Ein Holzepitaph im Chor der Salvatorkirche, wo er begraben wurde, erinnert noch heute an den Geografen.