Bonner Stadtdechant über das Dialogprojekt AUF!trag Kirche

Festen Mutes in die Zukunft

Bonn geht voran! Über den Auftrag der Kirche in der heutigen Zeit diskutieren und ihn mitgestalten - darum geht es bei der Zukunftswerkstatt am kommenden Mittwoch im Bonner Brückenforum, zu der der Katholikenrat und Stadtdechant Msgr. Wilfried Schumacher in der Bundesstadt alle Engagierten und Interessierten einladen. Im domradio.de-Interview spricht der Stadtdechant über seine Erwartungen an das Dialogprojekt.

 (DR)

domradio.de: Monsignore Schumacher, was erhoffen Sie sich von der Zukunftswerkstatt?

Monsignore Schumacher:  Zuerst einmal erhoffe ich mir ein sehr lebhaftes Gespräch von Gläubigen, von kritischen, von zweifelnden Menschen, ein Gespräch mit vielen guten Ideen. Das ist auch der spezielle Auftrag der Kirche in unserer Stadt.



domradio.de: Was können das für Ideen sein?

Monsignore Schumacher: Ich glaube, dass die Ideen in den Herzen und in den Köpfen der Menschen verborgen sind. Ich will mich hier gar nicht zum Propheten aufspielen, sondern ich möchte das eigentlich dieser Werkstatt und diesem Prozess überlassen, dass diese Ideen zusammengetragen werden und zusammenkommen. Wichtig ist uns, dass es um den Auftrag der Kirche in Bonn geht, also nicht um den Auftrag der Kirche weltweit. Wichtig ist uns, es geht um Christus und darum seinen Auftrag und seine Botschaft in dieser Welt und dieser Stadt hörbar zu machen. Das macht auch unser Logo deutlich, da ist ja der Fisch zu sehen, das Erkennungszeichen der frühen Christen. Fisch ist ja die Kurzform im griechischen für Christus.



domradio.de: Es gab in Bonn großen Ärger. So war der komplette Pfarrgemeinderat der Gemeinde St. Marien und St. Servatius in Bad Godesberg aus Protest zurückgetreten. Ist das auch ein Grund, warum Sie jetzt eine Zukunftswerkstatt ins Leben gerufen haben?

Monsignore Schumacher: Wir haben diesen Konflikt, den es im vergangenen Jahr in einer Bonner Gemeinde gab, auch mit einem Dialogprozess versucht aufzubereiten. Und ich glaube auch ein gutes Stück gelöst. Damals haben wir das Versprechen abgegeben, dass der Dialog fortgesetzt wird. Aber es gibt ja auch den bundesweiten Dialogprozess und die Bitte unseres Erzbischofs, dass sich die Stadtdechanten und die Laienvertreter gemeinsam darüber verständigen, wie dieser Dialogprozess in unserem Erzbistum geschehen kann. Wir für Bonn haben diese Entscheidung getroffen.



domradio.de: Angenommen ich habe jetzt als Bonner die Idee, Gottesdienste sollten nur noch eine Dreiviertelstunde dauern. Wie viel Chancen auf Umsetzung habe ich dann?

Monsignore Schumacher: Ich denke, Sie haben zuerst einmal die Chance, ihre Idee oder ihre Vorstellung einzubringen. Und das geschieht bei der Zukunftswerkstatt in ganz unterschiedlichen Formen. Wir haben keine Fachleute eingeladen, es wird keine Vorträge geben, sondern es wird viele Arbeitskreise und Gesprächskreise geben. Dort haben Sie die Möglichkeit für Ihre Vorstellung zu werben, und dann wird sich herausstellen, ob sie damit alleine bleiben, oder ob es noch mehr Leute gibt, die sie unterstützen. Und dann schauen wir einmal, was daraus wird.



domradio.de: Wird da demokratisch abgestimmt?

Monsignore Schumacher: Es wird zuerst einmal so sein, dass wir uns erhoffen, dass Menschen ihre Ideen und Vorstellungen einbringen und dafür werben, dass andere Menschen das unterstützen. Meine Hoffnung wäre es, dass sich aus dieser Zukunftswerkstatt heraus viele kleine Werkstätten entwickeln, wo dann an diesen einzelnen Themen weitergearbeitet wird.



domradio.de: Haben Sie die Unterstützung des Erzbischofs dabei?

Monsignore Schumacher: Der Erzbischof hat uns ja aufgefordert, gemeinsam mit den Laienvertretern eine Form zu suchen, wie wir diesen Dialogprozess in unseren Städten und Kreisen anstoßen und durchführen wollen. Ich weiß von meinen Kollegen, dass das in ganz unterschiedlicher Weise geschieht. Düsseldorf arbeitet ähnlich wie wir, Köln ganz anders. Von daher bin ich festen Mutes, dass die vielen Formen des Dialogprozesses in unserem Erzbistum letztlich ein gutes Ergebnis haben werden.



Das Interview führte Tobias Fricke.



Hintergrund

Über den Auftrag der Kirche in der heutigen Zeit diskutieren und ihn mitgestalten - darum geht es bei der Zukunftswerkstatt am 25.02.2012 im Bonner Brückenforum, zu der der Katholikenrat und der Stadtdechant in der Bundesstadt Bonn alle Engagierten und Interessierten einladen. "Unser Thema ist der innerkirchliche Dialog, aber auch der Dialog der Kirche mit der Welt, in der wir leben. Zu diesem Dialog gibt es in der gegenwärtigen Situation in unserem Land keine Alternative, davon bin ich fest davon überzeugt", erklärte Stadtdechant Msgr. Wilfried Schumacher, am 19. Januar bei der Vorstellung des Projekts. "Alles andere würde bedeuten, dass unsere Botschaft wie Echo an den Kirchenwänden verhallt." Mit der geplanten Zukunftswerkstatt werde auf lokaler Ebene eine Anregung der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken umgesetzt und das Versprechen eingelöst, den in Bonn bereits im Mai 2011 begonnenen Dialogprozess zwischen Kirchen- und Laienvertretern fortzuführen.--
Die katholische Kirche befinde sich in einem "epochalen Wandel", zitierte Sr. Margret von Haehling, die Vorsitzende des Bonner Katholikenrates, den emeritierten deutschen Kurienkardinal Walter Kasper. "Wie muss sich Kirche für die Zukunft verändern?", laute die zentrale Frage, der auch bei der Zukunftswerkstatt nachgegangen werden solle. "Wir wollen Kirche gemeinsam erleben - bunt, ideenreich und geistvoll", so Msgr. Schumacher. Im Vordergrund stehe der offene und direkte Austausch der Teilnehmer in Gesprächs- und Arbeitsgruppen, in denen theologische Fachleute aus dem gesamten Bundesgebiet nicht als Referenten, sondern als sachkundige Begleiter vertreten sein werden.

Neu und für die katholische Kirche ungewohnt ist der Rahmen, in dem die Zukunftswerkstatt stattfinden wird. Mehrere hundert Teilnehmer erhofft sich der Stadtdechant bei dem ganztägigen Treffen im Brückenforum, das mit dem Schlagwort "AUF!TRAG Kirche" durchaus doppeldeutig überschrieben wurde: Es gehe um den gemeinsamen Auftrag und auch "um das gegenseitige Tragen und Ertragen", so Schumacher. Über Pfarrnachrichten und Mitteilungen laden katholische Einrichtungen und Verbände derzeit zur Teilnahme ein, Plakate und andere Werbeträger werden in den nächsten Tagen und Wochen auch in der Bonner Innenstadt auf die Veranstaltung hinweisen.

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Als Gäste herzlich willkommen sind nicht nur "kirchennahe" Teilnehmer, Amtsträger und bereits Engagierte; über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter beispielsweise soll die Veranstaltung auch jenen näher gebracht werden, die der Kirche kritisch und vielleicht ablehnend gegenüber stehen. Sämtliche Informationen zur Zukunftswerkstatt sind ab Samstag auch im Internet abrufbar: Unter der Adresse www.auf-trag-kirche.de hat das Stadtdekanat eine Seite einrichten lassen, auf der Hintergründe zur Veranstaltung und zum bundesweiten Dialogprozess innerhalb der Kirche sowie Näheres zum Programm am 25. Februar zu finden sind. Ab dem 21. Januar können sich Interessierte über diese Seite online zur Zukunftswerkstatt anmelden und Informationen abrufen.

Für eine Kinderbetreuung ist gesorgt, die Veranstaltung ist barrierefrei und für Menschen mit Hörbehinderung eine Unterstützung vorgesehen. Über Facebook und Twitter übrigens können jene, die am 25. Februar verhindert sein sollten, auch aus der Entfernung an der Veranstaltung und ihrer Vorbereitung teilhaben