Programm zur Heilig-Rock-Wallfahrt vorgestellt

Mit ökumenischer Note

So viel steht fest: Papst Benedikt XVI. wird nicht zur Heilig-Rock-Wallfahrt nach Trier kommen, betont Bischof Stephan Ackermann bei der Vorstellung des Wallfahrtsprogrammes. Geplant sind weit mehr als 1.000 Veranstaltungen. In besonderer Weise ist die Wallfahrt vom 13. April bis zum 13. Mai ökumenisch geprägt. Dafür steht auch das Motto "Und führe zusammen, was getrennt ist".

 (DR)

Der Papst könne aus Zeitgründen nicht an der Wallfahrt teilnehmen, sagte der Trierer Bischof Stephan Ackermann am Mittwoch bei der Vorstellung des Programms. Wahrscheinlich werde aber ein Vertreter des Vatikans kommen. Die Organisatoren der Wallfahrt blicken optimistisch auf den Start des Glaubensfestes. Die Wallfahrt findet 500 Jahre nach der ersten derartigen Wallfahrt überhaupt und 16 Jahre nach der bislang letzten statt. Vom 13. April bis zum 13. Mai wird im Trierer Dom der sogenannte Heilige Rock öffentlich ausgestellt. Eine halbe Million Besucher werden erwartet, den Angaben zufolge haben sich bereits Gruppen mit bis zu 5.000 Teilnehmern angemeldet. Allein 600 Gottesdienste sind geplant, auch zahlreiche Ausstellungen, Konzerte und thematische Führungen werden angeboten. Vorgesehen sind auch Wallfahrtstage speziell für politisch Engagierte, Gewerkschaften und Caritas-Mitarbeiter, für Schulen und Kindertagesstätten.



Sieben ausgewählte Pilgerrouten zwischen 39 und 188 Kilometern führen aus dem Saarland, der Pfalz, dem luxemburgischen Echternach, aus Prüm, Aachen und Bad Kreuznach in die Moselmetropole. 3,2 Millionen Euro investiert das Bistum in das Ereignis, das die Trierer Touristinformation als "Mega-Event" mit unbezahlbarem Werbeeffekt klassifiziert. "Es geht bei dieser Wallfahrt um den Glauben selbst und um die Freude, die aus dem Glauben entsteht", betonte Ackermann. Die Atmosphäre sei im Vorfeld geprägt von heiterem Ernst, so gebe es Wortspiele wie "Rock mit!" und sogar die Trierer Kehrmaschinen seien mit dem Heilig-Rock-Logo versehen. Während der Wallfahrt wird es zudem eine eigene Heilig-Rock-Polizeiwache geben.



Beteiligung der Evangelischen Kirche

"Aber die Heiterkeit des Glaubens soll den Ernst des Lebens nicht aussparen", fügte Ackermann an. Mit Blick auf das Wallfahrts-Motto "Und führe zusammen, was getrennt ist" betonte der Bischof die ökumenische Idee. Er freue sich auf die Gespräche mit evangelischen, koptischen und orthodoxen Christen. Der Heilige Rock sei ein Symbol für Jesus Christus und bringe daher die verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften zusammen. Das Programm sieht zum Beispiel eine tägliche "Ökumenische 10-Minuten-Andacht" in der evangelischen Konstantin-Basilika und für den 5. Mai einen "Tag der Ökumene" vor. Im Vorfeld der Wallfahrt gibt es in Trier vom 31. Januar bis 3. Februar ein Internationales Ökumenisches Forum. Dazu werden unter anderen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, und der Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, erwartet.



Dass sich auf Einladung des Trierer Bischofs auch die Evangelische Kirche im Rheinland an der Wallfahrt beteiligt, ist für manche ein unerwarteter Schritt in der Ökumene. Wetterte doch Martin Luther gegen die "Bescheißerei zu Trier", nachdem Papst Leo X. im Jahre 1515 die Echtheit des dort aufbewahrten Gewandes behauptete. Nur zwei Jahre später begann mit Luthers Thesen zu Ablass und Buße die Reformation. "Mehrmals hat sich Luther scharf und entschieden gegen Wallfahrten ausgesprochen", erinnert die Düsseldorfer Ökumene-Expertin, Oberkirchenrätin Barbara Rudolph.



Kontroversen von einst spielen heute keine Rolle mehr

Doch die Kontroversen von einst spielen für den rheinischen Präses Nikolaus Schneider heute keine Rolle mehr. "Was zur Zeit der Reformation an Kritik geäußert wurde, hat mit dem ökumenischen Partner von heute nichts mehr zu tun", sagt Schneider, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. Die Wallfahrt sei eine authentische Form des Glaubens, "zu der ich auch als evangelischer Christ einen unmittelbaren Zugang habe". Kein Mensch sei verpflichtet, an die Echtheit des Gewandes zu glauben, versichert Wallfahrtleiter Georg Bätzing. "Wir verehren kein Tuch hier, wir verehren Christus."



Die Zeiten, in denen die Trierer Wallfahrten eine anti-protestantische Demonstration waren, sind vorbei. "Um die ökumenischen Beziehungen nicht zu konterkarieren" verzichtete Bischof Ackermann auch darauf, in Rom einen besonderen Ablass für die Heilig-Rock-Wallfahrt zu erbitten.



Die ökumenische Dimension der Wallfahrt begann vor 15 Jahren, als der damalige rheinische Präses Peter Beier (1934-1996) zusammen mit Vertretern anderer Konfessionen von der evangelischen Konstantin-Basilika zum Trierer Dom pilgerte und eigens zwei Gebete und ein Pilgerlied schrieb. Dies sei der Durchbruch in den Beziehungen der rheinischen Kirche zum Bistum Trier gewesen, erinnert sich der rheinische Präses. Den damals geprägten Satz "Wir sind gemeinsam auf dem Weg zu Christus" hält Schneider für den entscheidenden theologischen Fokus der Wallfahrt "und damit können wir Evangelische einverstanden sein".



Für Wallfahrtsleiter Georg Bätzing ist das Glaubensfest auch ein Stück Zeitgeschichte. "In der Regel liegen mehrere Jahrzehnte zwischen diesen Wallfahrten." Daher kämen die Besucher nicht nur aus Deutschland und Europa, sondern aus der ganzen Welt nach Trier. "Sie alle sollen den Heiligen Rock in guter Gesellschaft finden", sagte Bätzing.



"Heiliger Rock" liegt vor Altarinsel in einem Schrein

Gezeigt wird der "Heilige Rock" während der Wallfahrtszeit vor der Altarinsel des Doms. Das Gewand liegt dann in einem Schrein aus Zedernholz, der die mit einer Glasscheibe abgedeckte eigentliche Vitrine umschließt. Der von dem Bildhauer Jan Leven entworfene Schrein, der von den vorbeiziehenden Pilgern berührt werden darf, erinnert an eine organisch gewachsene Form, etwa an einen Fruchtkern. Für ihn verwendet wurde das Holz einer Zeder aus dem Domkreuzgang.



1996 nahmen rund 700.000 Menschen an der bislang letzten Heilig-Rock-Wallfahrt teil. Die Eröffnungsfeier des diesjährigen Glaubensfestes ist am 13. April um 14.30 Uhr im Trierer Dom.



Der im Trierer Dom verschlossen und nicht sichtbar aufbewahrte Heilige Rock gilt gemäß alter Überlieferung als Gewand Jesu. Öffentlich gezeigt wird die textile Reliquie ausschließlich bei Heilig-Rock-Wallfahrten. Die Frage nach der Echtheit des Heiligen Rocks ließ sich bislang nicht klären. Ihre Beantwortung ist nach heutigem kirchlichen Verständnis auch nicht von Belang. Die katholische Kirche sieht in dem Gewand ein Zeichen für Jesus Christus und versteht die Wallfahrt als Christuswallfahrt.