Deutschland nimmt Flüchtlinge aus Malta auf

Ein erster Schritt, mehr nicht

Insgesamt 152 Flüchtlinge aus Malta nimmt Deutschland auf. Für die Bundesregierung ist das ein "Zeichen der Solidarität", für Pro Asyl nur ein erster Schritt. Im domradio.de-Interview blickt Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation, auf die angespannte Lage in Europa.

 (DR)

Besonderes Augenmerk fordert Mesovic für die Situation der Kinder an der griechisch-türkischen Grenze. Hier würden Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen in griechischen Haftlagern interniert, darunter alleine in diesem Jahr rund 1.000 unbegleitete Minderjährige. Die Zustände, die die Kinder dort anträfen, seien "apokalyptisch", Mesovic, "überbelegte Zellen, Schmutz, keine Kleider zum Wechseln".



Pro Asyl fordert die Bundesregierung auf, die Flüchtlingskinder aus den Haftanstalten aufzunehmen. An der Festnahme und der Registrierung der Flüchtlinge seien im Rahmen der Arbeit der EU-Grenzschutzagentur Frontex auch deutsche Grenzbeamte beteiligt. Hierbei würden deutsche Polizisten in ein System eingebunden, das keinerlei Schutzstandards gewährt und zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen führt.



Um die Flüchtlingssituation im Mittelmeerraum geht es auch bei der Innenministerkonferenz am 8. und 9. Dezember. Hier begrüßt die bundesweite Arbeitsgemeinschaft, dass die Bundesregierung und die Innenminister der Länder die Verlängerung des Abschiebestopps nach Griechenland, der am 10. Januar 2012 ausläuft, beraten werden. Doch ein Aussetzen der Abschiebungen nach Athen reiche nicht aus. Die Wirtschaftskrise in Griechenland verschärfe die bisher schon elenden Bedingungen, unter denen Flüchtlingskinder in Griechenland leben müssen. Ein Rettungsschirm für die Kinder und eine neue Bleiberechtsregelung seien erforderlich.



Auch Malta Thema bei der Innenministerkonferenz

Pro Asyl kritisiert auch, dass Deutschland weiterhin Menschen nach Malta abschiebt. Die Zustände in den Flüchtlingslagern auch hier seien unzumutbar. Seit Beginn der Libyenkrise ist auf dem Inselstaat die Zahl der Flüchtlinge stark angestiegen. 2010 wurden auf Malta laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR 139 Asylanträge gestellt. In der ersten Hälfte dieses Jahres waren es 1.632.



Für viele Afrikaner, die von Tunesien und Libyen aus nach Europa flüchten, ist Malta der nächste Anlaufpunkt. Weil der frühere libysche Diktator Muammar al-Gaddafi die Seegrenzen bewachte, bot erst der Umsturz für viele die Möglichkeit zur Überfahrt. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Ländern wie Somalia, Eritrea oder dem Sudan. Malta soll auch ein Thema auf der Innenministerkonferenz Anfang Dezember sein. Rheinland-Pfalz kündigte bereits an, für eine Aufnahme einzutreten.