Bischof Reinelt im Geburtstags-Interview

"Die Liebe Gottes Tag für Tag"

Seit einem halben Jahrhundert ist er Priester, schon seit 23 Jahren ist er der Bischof von Dresden-Meißen. Heute wird er 75 Jahre alt: Bischof Joachim Reinelt. Im domradio.de-Geburtstagsinterview blickt er zurück und in die Zukunft.

Der Altbischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt (DR)
Der Altbischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt / ( DR )

domradio.de: Herr Bischof, einen ganz herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag! Was wünschen Sie sich an einem solchen Tag?

Bischof Joachim Reinelt: Das alle, die mit mir feiern, begreifen: Alles, was man geschenkt bekommen hat in diesen 75 Jahren, stammt von Gott und guten Menschen.



domradio.de: Wie werden Sie diesen Tag begehen, ist eine Feier geplant?

Bischof Reinelt: Selbstverständlich mit meinen eigenen Angehörigen, meinen Geschwistern, aber vor allem auch mit der Gemeinde des Bistums. Besonders die Priester werden kommen, aber eben auch Vertreter der Öffentlichkeit, einfach um Gott Dank zu sagen für die Geschenke, die er auch durch mich anderen vermitteln konnte.



domradio.de: Sie sind seit 50 Jahren Priester, seit 23 Jahren Bischof von Dresden-Meißen - wenn Sie zurückschauen: Was hat Sie in diesen Zeiten besonders bewegt?

Bischof Reinelt: Ich glaube, einer der Höhepunkte war die Zeit der Wende. Es war eine aufregende Zeit, aber eine Zeit, die uns immer glücklicher machte mit dem guten Ausgang, den damals keiner erwartet hatte. Einheit Deutschlands, Freiheit, ein Miteinander in der Kirche, das ganz neu gestaltet werden konnte. Wir sind ganz besonders auch den Menschen in den westlichen Bistümern dankbar, dass sie so zu uns gestanden haben in dieser Zeit nach der Wende.



domradio.de: Wenn wir mal bei der Wende bleiben: Als Sie 1988 Bischof von Dresden-Meißen wurden, haben Sie da an den Mauerfall, der ja da schon so dicht bevorstand, geglaubt?

Bischof Reinelt: Nein, Honecker hatte damals gerade gesagt, die Mauer würde noch 100 Jahre stehen. Daran habe ich natürlich auch etwas gezweifelt und gehofft, dass es nicht so lange dauert, aber dass es so schnell vorbei sein würde mit diesem schrecklichen Trennen, das habe ich nicht zu wagen gehofft.



domradio.de: Im Mai dieses Jahres wurden Sie als wichtiger Wegbereiter zur Wende 1989 geehrt. Was war Ihnen in dieser Zeit damals besonders wichtig, was Sie auch versucht haben, einzubringen in die Zeit des Umbruchs damals?

Bischof Reinelt: Ich habe ganz besonders versucht, die Menschen anzuhören, die die Veränderung geradezu erzwungen haben. Und da entstand eine Solidarität, die man nie zuvor und auch nie mehr nachher erleben konnte. Es war aufregend für alle, denn man wusste ja nicht, wie die Kommunisten zuschlagen. Aber das Ende war dann tatsächlich: Das Volk hielt so zusammen, dass es keine Möglichkeit gab für die damals Mächtigen, dagegen anzugehen.



domradio.de: Sie waren 25 Jahre lang als Pfarrer in Gemeinden aktiv, nicht jeder Bischof hat soviel pastorale Erfahrung. Wenn Sie nun aus diesen Erfahrungen schöpfen: Wie sollte Kirche auf die vielfältigen Anfragen dieser Zeit - immer weniger Gläubige, immer weniger Priester - reagieren?

Bischof Reinelt: Ich denke, das Entscheidende ist, das was der Heilige Vater bei seiner Reise in Deutschland immer wieder betont hat: Tiefgang. Es bringt nichts, wenn wir neue Strukturen schaffen, sondern es gibt nur einen einzigen Weg: Die Liebe Gottes Tag für Tag, Stunde um Stunde so zu leben, dass unsere Mitmenschen von diesem in den Menschen lebenden Gott berührt werden. Dann verändert sich diese Welt zum Guten. Sonst passiert gar nichts.



domradio.de: Normalerweise darf man mit 75 Jahren als Bischof in den Ruhestand. Der Papst hat im April gesagt: Nein, der Bischof Reinelt soll noch weiter machen. Eigentlich ist das so etwas wie eine Auszeichnung. Freuen Sie sich darauf, noch weiter als Bischof wirken zu dürfen in Ihrem Bistum oder wären Sie jetzt lieber in den verdienten Ruhestand gegangen?

Bischof Reinelt: Ja ... beides. Es ist natürlich jeder Tag, den man als Bischof der Kirche dienen darf, eine besondere Gnade, ein Geschenk gerade auch durch die Menschen, denen man begegnet; man begegnet in ihnen ja immer der Wirklichkeit Gottes in unserer heutigen Zeit und das ist immer eine Gnade. Aber es ist natürlich auch ein Stück Last, und ich gehe eigentlich davon aus, dass der Heilige Vater nur eine kurze Verlängerung wünscht.



domradio.de: Joachim Reinelt, der Bischof von Dresden-Meißen, feiert heute seinen 75. Geburtstag. Normalerweise ist das der Zeitpunkt, an dem ein Bischof in den Ruhestand darf. Papst Benedikt hat den altersbedingten Rücktritt jedoch schon vor ein paar Monaten abgelehnt. Herr Bischof, vielen Dank für das Gespräch, alles Gute für Ihr weiteres Wirken und nochmals herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.

Bischof Reinelt: Alles Gute Ihnen auch. Ich denke, domradio Köln macht die Sache sehr gut!



Das Interview führte Martin Korden.