Erstes Zentrum für islamische Theologie startet Semesterbetrieb

Geeignete Professoren gesucht

Die islamische Theologie an deutschen Universitäten steht in den Startlöchern. In wenigen Tagen will die Uni Tübingen mit ersten Vorlesungen beginnen. Bundesweit sind bis 2012 vier neue Zentren für islamische Theologie geplant. Im domradio.de-Interview spricht der katholische Theologe Klaus von Stosch über die Herausforderung der neuen Zentren.

 (DR)

"Wenn man sich überlegt, wieviele Christen und Muslime es auf der Welt gibt und in wievielen Ländern und Gebieten es Konflikte zwischen ihnen gibt, ist es wahrscheinlich die größte Aufgabe der Theologien, hier friedliche Wege des Umgangs miteinander zu finden", sagte der Professor für Systematische Theologie am Mittwoch gegenüber domradio.de. Von Stoschs Forschungsgebiet an der Universität Paderborn ist die Komparative Theologie der Religionen. Dazu gehört etwa der Vergleich der christlichen Religionen mit dem Islam.



Ausbildungsgang für islamische Religionslehrer

An der Universität Tübingen starten im Wintersemester 15 Frauen und 9 Männer den neuen Ausbildungsgang für islamische Religionslehrer und Imame. Das achtsemestrige Bachelorstudium soll als bekenntnisorientiertes Fach Theologie mit geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen verbinden. Omar Hamdan wird der Leiter des neu geschaffenen Zentrums für islamische Theologie. Zudem ist zum Wintersemester die Berufung von zwei Juniorprofessoren geplant.



In der Endphase sind in Tübingen sechs Lehrstühle geplant. Das Zentrum soll eng mit den beiden theologischen Fakultäten der Universität, aber auch mit der Heidelberger Hochschule für jüdische Studien (HfjS) zusammenarbeiten. Bei der Besetzung der Lehrstühle gilt ein Verfahren, das dem der theologischen Fakultäten ähnelt: Die Universität prüft die wissenschaftliche Eignung, dann muss ein aus Vertretern muslimischer Verbände und Einzelpersonen gebildeter Beirat der Berufung zustimmen. Beiräte sind eine rechtlich notwendige Hilfskonstruktion, damit der weltanschaulich neutrale Staat nicht in die Situation kommt, Inhalte und Ausrichtung eines theologischen Studienfachs bestimmen zu müssen.



"Keine falsche Entscheidung treffen"

Die fehlenden Professoren sollen nach Englers Angaben zunächst durch Junior- und Gastprofessoren ausgeglichen werden. Der Rektor räumte ein, dass es schwierig sei, qualifizierte Bewerber für die Lehrstühle zu finden. Für 2012 sei "ein weiterer Ausschreibungsversuch" vorgesehen. Es gelte jedoch der Grundsatz, "jetzt keine falsche Entscheidung für die nächsten 30 Jahre zu treffen".



Bislang habe es in Deutschland vorallem Islamwissenschaften als Studienangebot gegeben, das sei ein Grund für die schwierige Suche nach geeignetem Personal. "Es fehlte eben eine Perspektive auf den Islam, die versucht die Rationalität dieser Religion von innen zu verteidigen und zu durchdringen. Das, was man eben als Theologie bezeichnet und was in den christlichen Theologien gang und gebe ist", urteilte von Stosch.



Neben Tübingen sind ab dem Wintersemester auch an der Universität Münster/Osnabrück und später in Erlangen/Nürnberg sowie Frankfurt/Gießen Studiengänge für islamische Theologie geplant. Die Stiftung Mercator kündigte am Freitag an, Tübingen in ein Programm zur Ausbildung von Doktoranden in Islamischer Theologie aufzunehmen. Das Bundesbildungsministerium schätzt, dass in den nächsten Jahren rund 2.000 islamische Religionslehrer für rund 700.000 muslimische Schüler benötigt werden.



Ob das Studium der Islamischen Theologie in Deutschland später auch zur Imam-Ausbildung führt, hänge vor allem von den muslimischen Verbänden ab, gibt Stosch zu bedenken. "Ob sie solche Imame, die derart geschult sind, auch haben wollen".