Pastoraltheologen diskutieren Ehrenamt

Mehr als ein Notnagel

"Zwischen Lust und Ehre" - unter diesem Motto treffen sich gerade in Freising deutschsprachige Pastoraltheologen, um über ehrenamtliches Engagement in Kirche und Gesellschaft zu diskutieren. Der Konferenz-Vorsitzende Prof. Richard Hartmann im domradio.de-Interview.

 (DR)

domradio.de: Das Ehrenamt wird von kirchlichen Vertretern immer wieder besonders betont. Was hat Sie dazu veranlasst, Ihren Kongress unter dieses Thema zu stellen?

Hartmann: Natürlich war für uns auch wichtig, dass wir das Jahr des bürgerschaftlichen Engagements haben. Allerdings haben wir auch ein wenig die Befürchtung, dass bei manchen Ehrenamtlichen der Eindruck entsteht, sie werden jetzt als Notnagel gebraucht, wo es nicht mehr genug Priester und Hauptamtliche gibt. Und genau der Akzent soll von uns nicht verstärkt werden. Uns geht es um das freie Engagement, das in Kirche und Gesellschaft da ist. Christinnen und Christen aus ihrer Sendung heraus sind ja berufen, die ganze Welt mitzugestalten auf dem Weg zum Reich Gottes. Und das wird sicher ein deutlicher Schwerpunkt in unserem Kongress.



domradio.de: Der Trend zur Individualisierung ist ungebremst, was auch dazu führt, dass immer weniger Menschen bereit sind, sich in Vereinen und Verbänden ehrenamtlich zu engagieren. Ist diese Krise des Ehrenamtes auch in der Kirche spürbar?

Hartmann: Allgemein kann man das ja von den Ehrenamtsuntersuchungen nicht sagen. Immer noch engagieren sich etwa zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger. Allerdings ist das im kirchlichen Bereich etwas zurückgegangen. Auch, weil der eine oder andere, der gerne etwas tun will, sich nicht ganz ernst genommen sieht in seiner Verantwortung, auch in seinem Charisma und seinen Begabungen. Und dafür gilt es, Sensibilität zu wecken. Wir haben die Gefahr, dass unsere Kirche immer noch zuerst als Kirche der Hauptamtlichen, der Priester und pastoralen Mitarbeiter wahrgenommen wird. Aber es muss eine Kirche sein, die von allen Christen getragen wird.



domradio.de: Warum ist denn das Thema Ehrenamt gerade für die Pastoral-Theologen wichtig?

Hartmann: Die Pastoral-Theologie ist ja die Forschungsdisziplin, die das Handeln der Kirche und das Handeln der Menschen aus dem Glauben genau reflektiert und vertieft; d.h. wenn wir uns nicht damit auseinandersetzen, wer sonst? Zugleich sind ja bei in der Konferenz und auch jetzt im Kongress viele Vertreter der Verbände und kirchlichen Einrichtungen, aber auch der Bischofskonferenz vertreten. Wir sind das richtige Gesprächsforum, um etwas zu verändern.



domradio.de: Welche Impulse werden von diesem Kongress ausgehen?

Hartmann: Zunächst einmal geht es um eine große Ermutigung, Freiräume zu schaffen und nicht alles schon festgelegt anzuschauen. Zum Zweiten geht es um eine Profilierung dessen, wie Haupt- und Ehrenamtliche miteinander umgehen. Und das Dritte ist tatsächlich: Kreativitätsräume zu schaffen, wo Menschen heutzutage in unserer Gesellschaft gebraucht werden. Wir haben beispielsweise einen Arbeitskreis unter der Überschrift "Gestalten statt helfen" in Blick auf die Arbeit der Community Organizing in Hamburg. Wir haben aber auch einen Vertreter der Feuerwehr aus München mit dabei, der uns vielleicht noch ein wenig mehr beibringen kann, wie bei Feuerwehr Ehrenamtliche und Hauptberufliche gut Hand in Hand zusammenarbeiten.



Das Gespräch führte Pia Klinkhammer.