Julia Klöckner zur Forderung nach mehr Einfluss von Frauen in der Kirche

Geschlechtergerechtigkeit gefragt

Mit täglichen Statements auf der Internet- und der Facebook-Seite des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) wollen Frauen aus den Reihen des ZdK in den kommenden vier Wochen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft werben. Im domradio-Interview erläutert ZdK-Mitglied Julia Klöckner die Gründe.

 (DR)

domradio.de: Frau Klöckner, Sie sind als Frau in der Politik ziemlich erfolgreich und Sie sind aktive Katholikin. Wie kommen Sie persönlich mit der Rolle der Frauen in der katholischen Kirche klar?

Julia Klöckner: Sehr unterschiedlich, je nachdem wie ich mich damit befasse. In meiner Jugend in einem Dorf namens Guldental spielte das Thema Kirche auch im alltäglichen Dorfleben eine Rolle für mich, weil meine Familie ganz eng mit dem sonntäglichen Kirchgang verbunden war und auch noch immer ist. Als ich dann zu Ersten Heiligen Kommunion gegangen bin, wurde mir klar: Mein Bruder durfte damals Messdiener werden, was ich nicht durfte, weil Mädchen nicht erlaubt waren. Also ging ich in die Kinderschule, in die Mädchenschule. Und im Nachhinein, je länger ich darüber nachdenke, ist das natürlich ein hartes Stück mitzubekommen, dass Mädchen diesen Dienst am Altar nicht machen dürfen. Das hat sich ja jetzt geändert, das ist heute möglich, denn wären die Mädchen nicht auch Messdienerinnen, dann könnten in ganz vielen Gottesdiensten die Pfarrer sich selbst die Kelche holen und abwischen und den Altardienst bereiten, weil zu wenig Jungs da sind. Ich bin dann Lektorin geworden - das bin ich heute auch noch -, aber mir geht es auch gar nicht darum, ob ich hätte Priesterin werden wollen, sondern um die Optionen, ob Frauen nicht nur wahrgenommen werden, wenn es ums Kuchenbacken fürs Pfarrfest geht oder um das Ankleiden des Pfarrers, sondern ob sie auch die Möglichkeit haben, ihre intellektuelle Kraft einzusetzen.



domradio.de: Es geht also um Geschlechtergerechtigkeit. Im ZdK planen starten Sie jetzt eine besondere Aktion zum Thema - was haben Sie da genau vor?

Klöckner: Es gibt verschiedene Aktionen und auch verschiedene Anhaltspunkte, zum Beispiel versuchen wir zum 30. Jahrestag des Wortes der deutschen Bischöfe die Fragen nach der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft zu stellen, um letztlich auch unsere Positionen zu verdeutlichen. Also Frauen bewegen Kirche. Nur dauert natürlich der Wandel in der Kirche meist etwas länger als in der Gesellschaft, aber Frauen werden gebraucht und deshalb geben Frauen auch Statements ab und werden auch laut, damit sie gehört werden. Ich persönlich halte es für notwendig, dass wir unbedingt über das Diakonat der Frau als nächsten Schritt nicht nur nachdenken, sondern dies auch einführen müssten. Und ich möchte Dinge einfordern, die von heute auf morgen vielleicht noch unrealistisch sind, aber der Weg muss weiter gehen.



domradio.de: Das ganze steht unter dem Thema "Frauen bewegen Kirche" - inwieweit  können Frauen denn in dieser Kirche überhaupt etwas bewegen, wo ihnen doch der Zugang zu wirklichen Entscheidungspositionen von vornherein verwehrt ist?

Klöckner: Frauen sind in Pfarrgemeinden, wenn man es mal subsidiär sieht, unten an der Basis, sind in Pfarrgemeinderäten und Verwaltungsräten vertreten, Frauen reden und sprechen vor Ort mit, sie sind auch Pastoralreferentinnen, Gemeindereferentinnen. Und je mehr Frauen aktiv sind und das an- und einfordern, umso mehr wird das auch Gehör finden. Also Frauen können etwas bewegen. Ich komme noch einmal zu den Beispielen zurück: Dass es vor 20 oder 25 Jahren nicht möglich war, Messdienerin in verschiedenen Gemeinden zu werden, das hat sich geändert. Es dauert zwar immer mal ein paar Jahrzehnte, aber wenn wir heute nicht anfangen, haben wir auch nichts für die nächste Generation getan. Also erstens sich zu Wort melden, zweitens sich auf Debatten einlassen, man kann in der Sache hart und doch im Umgang angenehm sein, aber nicht nachlassen.



domradio.de: Sie wollen ja jetzt tägliche Statements auf den Seiten des ZdK veröffentlichen. Was sind das zum Beispiel für Statements?

Klöckner: Ich habe zum Beispiel ein Statement hineingegeben, das ist ein Zitat aus dem Korintherbrief: Wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber auch gleich viele sind, einen einzigen Leib bilden, so ist es auch mit Christus. Und das übertragen auf unsere Gesellschaft und auch innerhalb unser katholischen Kirche heißt das für mich, dass wenn wir alle Glieder des Leibes sind, warum sollen nur die Männer der Kopf sein und die Frauen vielleicht die Hände für etwas anderes. Da ist für mich auch Geschlechtergerechtigkeit gefragt. Wir werden jetzt jeden Tag Statements und Forderungen veröffentlichen, und es wird interessant sein, welche Frauen sich mit welchen Forderungen zu Wort melden. Und das kann auch in der Kirche nicht ungehört bleiben.

domradio.de: Zu den unrealistischen Wünsche: Dass wir in ein paar Jahren katholische Priesterinnen am Altar stehen sehen werden - das ist wohl utopisch. Was haben Sie für realistische Wünsche an Ihre Kirche?

Klöckner: Ich habe ernste realistische Wünsche, was die Laien anbelangt, da schließe ich übrigens die Männer mit ein. Es gibt immer noch Bischöfe in der katholischen Kirche, die halten uns im Zentralkomitee der deutschen Katholiken für einen verlängerten, manchmal auch nutzlosen Arm, wenn wir kritisch werden, das zeigt allein die Debatte um das Thema Schwangerenkonfliktberatung und andere. Deshalb halte ich es für realistisch, dass das ZdK sich zu Wort meldet, ich halte es für realistisch, dass Frauen auch Diakoninnen werden.



Hintergrund

Mit täglichen Statements auf der Internet- und der Facebook-Seite des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) wollen Frauen aus den Reihen des ZdK in den kommenden vier Wochen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft werben. Sie wollten damit an das Wort der deutschen Bischöfe "Zu Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft" erinnern, das vor genau 30 Jahren (21. September 1981) veröffentlicht wurde, wie das ZdK am Mittwoch in Bonn mitteilte.



An der Aktion wollen sich unter anderem die ZdK-Vizepräsidentin und frühere Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Karin Kortmann, die rheinland-pfälzische Oppositionsführerin Julia Klöckner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft und frühere Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Hildegard Müller, die bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm und die ZdK-Vizepräsidentin und Generalsekretärin des Cusanuswerks, Claudia Lücking-Michel, beteiligen.