Bambergs Erzbischof Schick zum Gedenken an den Märtyrer

"Kolbe kann Leitfigur der Versöhnung in Europa sein"

Die katholische Kirche in Deutschland und Polen gedenkt des 70. Todestages von Pater Maximilian Kolbe. Der Franziskaner wurde am 14. August 1941 von den Nazis ermordet. Der Bamberger Erzbischof und deutsche Vorsitzende der Kontaktgruppe beider Bischofskonferenzen, Ludwig Schick, spricht im Interview über die Bedeutung des Gedenkens und der Versöhnung.

Gegen Waffengeschäfte: Erzbischof Ludwig Schick (KNA)
Gegen Waffengeschäfte: Erzbischof Ludwig Schick / ( KNA )

KNA: Herr Erzbischof, was bedeutet Ihnen Maximilian Kolbe persönlich?

Schick: Maximilian Kolbe war ein großer Missionar, er wollte die Liebe Christi zu allen Menschen bringen. Deshalb schrieb und predigte er gegen die menschenverachtende Ideologie der Nazis. Dazu ging er auch nach Japan in die Mission. Er nutzte alle Mittel, um die Botschaft des Evangeliums zu verbreiten. Nicht zuletzt hat er die Kulturen versöhnt. Polen, Deutschland, Italien, Japan, Russland - in all diesen Ländern hat er gelebt und gewirkt, er wollte die Menschen aller Nationen zum einen Volk Gottes zusammenführen.



KNA: Welche Botschaft soll von den Veranstaltungen zur Erinnerung an den Märtyrer ausgehen?

Schick: Ich erhoffe mir einen weiteren Impuls für die gute Nachbarschaft von Deutschland und Polen und für die Aussöhnung der mittel- und osteuropäischen Länder, die eine gewaltbelastete Vergangenheit haben. Maximilian Kolbe kann für uns eine "Leitfigur der Versöhnung in Europa" sein.



KNA: Welche Verpflichtung erwächst aus seinem Leben für die Kirche?

Schick: Wir müssen Nein sagen zu jedem Nationalismus, zu Rassenhass und jeder Diffamierung anderer Menschen. KZ, Gulag, Holocaust und Genozide darf es nie wieder geben. Maximilian Kolbe legt der Kirche auch die Marienverehrung ans Herz; er war ein großer Marienverehrer. Und er kann eine Antwort auf die Frage geben, wie wir einen Weg aus der Krise finden. Die Kirche braucht Heilige. Er ist ein Heiliger für unsere Zeit. Von Kindheit an hat er sich um ein Leben nach dem Evangelium bemüht. Die Liebe zu Gott und zu jedem Nächsten, die er zeitlebens eingeübt hatte, vollendete er in Auschwitz, als er freiwillig für einen Familienvater in den Hungerbunker ging. Er ist ein "Märtyrer der Nächstenliebe und der Versöhnung".



KNA: Die Erinnerung an Kolbe gestalten deutsche und polnische Bischöfe gemeinsam. Wie steht es heute um die Versöhnung zwischen Deutschen und Polen?

Schick: Deutsche und Polen haben sich in der Geschichte, besonders zwischen 1939 und 1946 viel Leid angetan. Die polnischen und deutschen Bischöfe waren aber die ersten, die nach dem Krieg Versöhnung anstrebten. Bereits 1965 tauschten sie Briefe aus. Der Kernsatz lautete: "Wir bitten um Vergebung und gewähren Vergebung." Seitdem geht die Versöhnung zwischen Deutschland und Polen voran.

Maximilian Kolbe war dabei der geistige Vater. Das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen ist trotz mancher Störfeuer gut. Versöhnung ist aber ein Dauerauftrag. Sie muss immer neu gesucht werden. Deshalb sind ständige Begegnungen und solche Feiern wie ein Maximilian-Kolbe-Jahr so wichtig.



KNA: Es gibt in Deutschland seit 1973 ein Hilfswerk, das den Namen Kolbes trägt. Welche Zukunft sehen Sie für dieses Werk, wenn es mit fortschreitender Zeit keine KZ-Überlebenden mehr gibt, um die sich das Werk gekümmert hat?

Schick: Die Deutsche und Polnische Bischofskonferenz haben 2007 gemeinsam eine neue Stiftung gegründet, die ebenfalls den Namen "Maximilian Kolbe" trägt. Was das Maximilian-Kolbe-Werk zwischen Deutschen und Polen bei der Versöhnung geleistet hat, wird durch die "Maximilian-Kolbe-Stiftung" für ganz Mittel- und Osteuropa weitergeführt und ausgeweitet.



Das Interview führte Christian Wölfel.