Hilfswerke und Politik fordern schnelle Hilfe für Hungernde

Äußerst besorgniserregend

Hilfsorganisationen und Politiker haben sofortige Hilfe für die Hungernden in Ostafrika gefordert. Entwicklungsminister Dirk Niebel appellierte am Mittwoch in Berlin an die Verantwortlichen in Somalia, Hilfsorganisationen den Zugang zu den Menschen in Somalia zu gewähren.

 (DR)

"Jetzt geht es nicht um Politik, sondern um die Rettung von Menschenleben", betonte Niebel. Noch immer verwehren die radikal-islamische Al-Shabaab-Milizen westlichen Hilfsorganisationen in manchen Regionen die Einreise.



Die Situation der Menschen in diesen Gegenden sei äußerst besorgniserregend, betonte der Ostafrika-Referent der Hilfsorganisation Islamic Relief Deutschland, Mahmut Güngör. Eigenen Angaben zufolge ist Islamic Relief eine der wenigen auswärtigen Hilfsorganisation, die derzeit mit rund 50 Mitarbeitern in Zentral-Somalia vertreten ist. Vor allem die Lage der Flüchtlinge, die sich auf dem Weg zur Grenze befänden, sei kritisch, so Güngör. Besonders Kinder, schwangere Frauen und alte Menschen bräuchten dringend Hilfe, da sie massiv unterernährt seien.



Lutbrücke verzögert

Unterdessen verzögerte sich der für Mittwochmorgen geplante Beginn der Luftbrücke der Vereinten Nationen aufgrund von Schwierigkeiten mit dem kenianischen Zoll. Nach Angaben von Malteser International hat dies jedoch keine Auswirkungen auf die Arbeit der einheimischen Hilfsorganisationen. Diese seien regional vernetzt und bezögen Wasser und Nahrungsmittel aus nicht von der Dürre betroffenen Gegenden vor Ort. Erst am Mittwochnachmittag konnte das erste Flugzeug in Nairobi (Kenia) starten.



Die kenianische Regierung hatte die Ladung, die die UN-Organisation in die somalische Hauptstadt fliegen will, seit Montag festgehalten: 84 Tonnen Zusatznahrung für Kleinkinder. Die Regierung erklärte, als Bestimmungsort der Fracht sei Kenia angegeben gewesen, deshalb erhob der Zoll Einspruch und hielt die Zusatznahrung fest.



Die Sprecherin des Berliner WFP-Büros, Katharina Weltecke, erklärte, man habe deshalb als Bestimmungsort Kenia angegeben, weil ein Teil der Fracht tatsächlich für die Dürregebiete im Norden Kenias bestimmt gewesen sei. Der Rest sollte aber so schnell wie möglich weiter nach Mogadischu.



Insgesamt vier Maschinen sollen die 84 Tonnen Zusatznahrung für Kinder in den nächsten Tagen so zügig wie möglich nach Mogadischu fliegen. Laut WFP reichen 14 Tonnen des Lebensmittels, um 5.000 Kinder einen Monat lang zu ernähren. Ein Teil der Nahrung soll in der Hauptstadt bleiben, der Rest in die Regionen im Süden gebracht werden, die von den Vereinten Nationen zu Hungerregionen erklärt wurden.



Hilfe für eine Million Kenianer

In Kenia weitete das Rote Kreuz die Hilfen für die Hungernden weiter aus. Rund 200.000 Schulkinder werden den Angaben zufolge künftig mit einer Mahlzeit versorgt, bis sich die Lage entspannt. Um die Wasserversorgung kurzfristig zu verbessern sollen zudem neue Brunnen gebohrt werden. Ziel sei es, rund einer Million Kenianern ein Leben außerhalb der Flüchtlingslager zu ermöglichen.



Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" äußerte sich besorgt über die Umsiedlung von Flüchtlingen aus der überfüllten Region um Dadaab. Das Camp, in das die Flüchtlinge stattdessen gebracht würden, sei ungenügend ausgestattet, heißt es. Das Lager erfülle nicht die humanitären Mindeststandards und verfüge über kein Krankenhaus. Obwohl es nur für 40.000 Personen ausgelegt sei, würden nun insgesamt 60.000 Flüchtlinge dort untergebracht.



Nach Angaben der Welthungerhilfe fehlen noch rund eine Milliarde Dollar, um die Krise am Horn von Afrika bekämpfen zu können. Der Programmvorstand der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, appellierte an die Staatengemeinschaft schnell und effektiv zu helfen. "Für zwölf Millionen Menschen geht es ums nackte Überleben", betonte Mogge.



Umdenken in der Entwicklungshilfe

Angesichts der Hungersnot am Horn von Afrika fordert die EU-Kommission ein Umdenken in der Entwicklungshilfe. "Im Moment fließt weniger als ein Prozent aller Hilfsgelder in die Vorbeugung von Katastrophen", sagte EU-Nothilfekommissarin Kristalina Georgiewa in Brüssel. "Ich sage kategorisch: Wir tun nicht genug." Als Beispiele für sinnvolle Initiativen in Afrika nannte sie Projekte zur Speicherung von Wasser und zur besseren Bewirtschaftung von Agrar- und Weideflächen sowie Frühwarnsysteme für Unterernährung.



Brüssel stellte 160 Millionen Euro Soforthilfe für die Hungernden bereit, wovon 32 Millionen von Deutschland aufgebracht wird. Die Bundesregierung gewährte zudem 30 Millionen Euro.



In Ostafrika sind infolge einer schweren Dürre rund elf Millionen Menschen auf Lebensmittelspenden und andere Hilfen angewiesen. Am schlimmsten ist die Lage in Somalia, wo 3,7 Millionen Menschen bedroht sind. Tausende flüchten über die Grenzen. Allein im kenianischen Lager Dadaab drängen sich bereits über 400.000 Flüchtlinge aus Somalia.