Vatikan berät über Antwort auf irischen Missbrauchsskandal

Versachlichung der Debatte

Angesichts der scharfen Reaktionen auf den Missbrauchsbericht in der irischen Diözese Cloyne hat der Vatikan seinen Nuntius Giuseppe Leanza zu Beratungen nach Rom gerufen. Der Diplomat solle dabei helfen, eine "offizielle Antwort des Heiligen Stuhls an die irische Regierung vorzubereiten", erklärte Vatikansprecher Ciro Benedettini.

 (DR)

Der Rückruf des Botschafters sei eine seltene Maßnahme. Sie kennzeichne den "Ernst der Situation", aber auch den "Willen des Heiligen Stuhls, sie mit Objektivität und Entschlossenheit anzugehen". Zugleich zeige dieser Schritt "Überraschung und Bedauern angesichts einiger übertriebener Reaktionen", sagte der Sprecher.



Nach der Veröffentlichung des Cloyne-Reports am 13. Juli hatte Irlands Ministerpräsident Enda Kenny den Vatikan ungewöhnlich scharf angegriffen. Der Heilige Stuhl habe die Ermittlungen gegen beschuldigte Geistliche gezielt behindert; dies sei noch in den vergangenen Jahren geschehen. Kenny stellte die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Irland in Frage. Auch von anderen Politikern aus Regierung und Opposition, aus Reihen der Priester und von namhaften Theologen wuchs in den vergangenen Tagen der Druck auf die Kirchenleitung.



Notwendige Objektivität

Parlament und Regierung in Irland forderten den Vatikan auf, zu dem Bericht Stellung zu nehmen. Vatikansprecher Federico Lombardi kündigte vergangene Woche eine Antwort des Vatikan "zu gegebener Zeit" an; allerdings tat er dies ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Leiter von Radio Vatikan, nicht als Chef des Presseamts. Zugleich mahnte er eine Versachlichung der Debatte an. Es sei wünschenswert, dass über "solche dramatischen Themen mit der notwendigen Objektivität" gesprochen werde, sagte Lombardi.



Dublins Erzbischof Diarmuid Martin hatte sich nach einer Parlamentsdebatte über die Rolle der katholischen Führung im Missbrauchsskandal beschämt über seine eigene Kirche geäußert. In einem Interview mit einem irischen Sender entschuldigte er sich für die Missachtung der kirchlichen Kinderschutzrichtlinien in Cloyne.



Der Untersuchungsbericht über Kindesmissbrauch in der Diözese Cloyne enthält schwere Vorwürfe gegen den Vatikan und den damaligen Bischof John Magee. Insgesamt werden in dem Bericht Vorwürfe gegen 19 Geistliche aus den Jahren 1996 bis 2009 untersucht, darunter auch gegen den Bischof selbst.