Viel Kritik an neuer Lebensmittel-Internetseite

Zu lasch oder zu streng

FDP, Grünen und Ernährungsindustrie gefällt das neue Internetportal für Verbraucherbeschwerden über Lebensmittel nicht. Den einen ist es zu lasch, den anderen zu entlarvend. Für die Verbraucher ist es wenigstens ein erster Schritt zur Transparenz beim Produktkauf.

 (DR)

Die stellvertretende Fraktionschefin Bärbel Höhn sagte dem "Hamburger Abendblatt", die Plattform sei kein Ersatz für gesetzliche Regelungen gegen irreführende Werbung und für eine transparente und leicht verständliche Etikettierung. Höhn sagte, Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) dürfe die Verantwortung nicht allein den Konsumenten aufbürden. Bei der Kennzeichnung habe die Ministerin bisher nur wenig Rückgrat gegenüber der Lebensmittellobby gezeigt. Höhn lobte die seit Jahren von Verbraucherschützern und Ärzten geforderte sogenannte Nährwertampel. "Mithilfe der Nährwertampel könnten die Verbraucher mit einem Blick erkennen, welche Lebensmittel zucker- und fettreiche Dickmacher sind oder zu viel Salz enthalten", sagte Höhn. --


Der Vorsitzende des Bundestags-Agrarausschusses, Michael Goldmann (FDP), sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Aigner transportiere mit dem Portal die Ängste der Verbraucher vor Lebensmitteln. Goldmann sagte, er halte die Nennung von Produkten für höchst riskant. Zwar seien bei manchen Kennzeichnungen von Lebensmitteln Verwirrungen zu korrigieren. "Aber das ist ein gesetzgeberischer Auftrag und gehört nicht in die Hand von Verbraucherzentralen", sagte er.--


Industrie klagt über "Pranger"

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Matthias Horst, sprach von einem Pranger. Horst sagte, produktbezogene Angaben, bei denen Marke sowie Hersteller- und Händlernamen genannt werden seien nicht tragbar. "Das ist ein Pranger, um Ware zur Schau zu stellen, die rechtlich in Ordnung ist", sagte er dem Blatt. Horst schloss gerichtliche Klagen von Unternehmen nicht aus.



Das Portal lebensmittelklarheit.de hat zum Ziel, Verbrauchern, die sich durch die Aufmachung von Produkten oder die Werbung dafür getäuscht fühlen, allgemeine Informationen zur Kennzeichnung zu geben. Verbraucher können auch Produkte melden. Die Verbraucherzentrale will dann einen Dialog mit dem Hersteller oder Händler einleiten. Dieser könne dann zu den Vorwürfen Stellung beziehen.