Rüstungsexperte Moltmann über Waffenexport nach Angola

"Fadenscheinige Begründung"

Der mögliche Verkauf von deutschen Patrouillenbooten an die angolanische Marine ist umstritten. Der Rüstungsexperte der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung, Bernhard Moltmann, kritisiert im Interview die Begründung für den Rüstungsexport.

 (DR)

KNA: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte auf ihrer Afrikareise der Regierung in Angola ein Angebot für den Bau der Schiffe vorgelegt. Bei dem international ausgeschriebenen Auftrag geht es um ein Volumen von bis zu 60 Millionen Euro. Herr Moltmann, würde der geplante Export von Patrouillenbooten gegen Export-Richtlinien verstoßen?

Moltmann: Die deutsche Gesetzgebung, die europäischen Richtlinien und die politischen Vereinbarungen für Rüstungsexporte können je nach Belieben ausgelegt werden. Im konkreten Fall der Lieferung nach Angola liegt eine erste Genehmigung bereits seit drei Jahren vor.

Ich denke, es wird eine Interpretation gefunden, die den Verkauf rechtfertigt.



KNA: Die Sicherheitslage gilt häufig in afrikanischen Ländern als Hindernis für langfristige Entwicklungshilfe - Kann die Stärkung des Militärs auch positiv wirken?

Moltmann: Entwicklungshilfe braucht ein sicheres Umfeld. Dazu ist auch auf politischer Ebene zunächst einmal gute Regierungsführung vonnöten. Ich bezweifle, dass Waffengeschäfte dazu dienen. Häufig gibt es andere Lösungen für soziale, politische und wirtschaftliche Konfliktlagen. Der Schutz vor fremden Fischerbooten an der angolanischen Küste ist für mich ein fadenscheiniger Grund. Das Problem mit den vermutlich aus Europa kommenden Fischern sollte auch in Europa geregelt werden. Während wir in der EU Fischereiquoten vereinbaren, verkaufen wir gleichzeitig Patrouillenboote nach Angola, um europäische Trawler fernzuhalten. Das ist doch paradox.



KNA: Was halten Sie von der Begründung, dass die Boote gegen Piraten eingesetzt werden?

Moltmann: Piraterie ist in Angola meines Wissens weniger das Problem. Es geht hier um die Machtrivalität mit dem militärisch am stärksten aufrüstenden Land Südafrika. Auch die Grenzgebiete mit dem Kongo spielen eine Rolle. Angola hat große Öl-Reserven, von denen sich viele im Meer befinden. Ich denke, diese Ressourcen sollen geschützt werden.



KNA: War der Besuch der Kanzlerin ein Türöffner für weitere Rüstungsgeschäfte mit den wirtschaftsstarken südafrikanischen Ländern?

Moltmann: Die Rüstungsexporte sind eingebettet in größere wirtschaftliche Aktivitäten. Ich vermute nicht, dass dies der Anfang einer großen Rüstungsexportwelle nach Afrika ist.



KNA: Es wird also kein Wettrüsten geben?

Moltmann: Wohl kaum, dafür ist zu wenig Geld im Spiel. In Simbabwe, Mosambik oder im Kongo gibt es hauptsächlich gebrauchte Waffen, aber kaum schwere Rüstung, wie etwa Panzer. Die wirtschaftlich stärkeren Länder wie Südafrika und mit Abstand auch Kenia, Nigeria und Angola rüsten ihr Militär durchaus professionell auf. Die wirklich großen Waffengeschäfte werden aber im Nahen Osten gemacht. Die afrikanischen Länder sind dafür zu arm.



Interview: Benedikt Angermeier