Kritik an Bundesregierung wegen mangelnder Korruptionsbekämpfung

Hürden für Schmiergeldzahlungen

Entwicklungsorganisationen und Transparency International haben die Bundesregierung aufgefordert, stärker gegen Auslandskorruption von Unternehmen vorzugehen. Anlässlich der Afrikareise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderten Transparency International, Brot für die Welt, Misereor und andere Organisationen die Regierungschefin dazu auf, sich für die Offenlegung der Zahlungsströme im Rohstoffsektor einzusetzen.

 (DR)

Bislang habe sich die Bundesregierung im Gegensatz zu den Regierungen in Paris und London zurückhaltend zu verbindlichen Transparenzvorschriften auf EU-Ebene geäußert, sagte die Transparency-Vorsitzende Edda Müller. Afrika werde für die deutsche

Rohstoff- und Energieversorgung aber zunehmend wichtiger. Die Versorgung der deutschen Industrie mit seltenen Metallen sei besonders auf afrikanische Vorkommen angewiesen.



Deutschland ist laut Transparency neben Japan und Saudi-Arabien unter den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern (G-20), der die UN-Konvention gegen Korruption noch nicht ratifiziert hat. Mit verbindlichen Transparenzregeln für den Rohstoffabbau, die für alle gelten, sei auch allen geholfen, sagte Müller. Für deutsche Unternehmen sei es ein Schutz "gegen Erpressungsversuche von Potentaten" und die Bevölkerung vor Ort könne vom Verkauf ihrer Bodenschätze profitieren.



Rohstoffimporte Deutschlands: 86 Milliarden Euro

Die deutsche Industrie ist einer der größten Rohstoffabnehmer weltweit. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bezifferte den Wert der Rohstoffimporte Deutschlands im Jahr 2009 auf rund 86 Milliarden Euro, heißt es bei Transparency.



Die Ausbeutung von Rohstoffen trage bislang in vielen Ländern zu Menschenrechtsverletzungen und gewalttätigen Konflikten bei, erklärte Martin Quack von "Brot für die Welt". Tobias Kahler von der entwicklungspolitischen Organisation ONE verwies auf die USA, die vor einem Jahr ein Gesetz zur Offenlegung von Finanzströmen von börsennotierten Unternehmen verabschiedeten. Mit einer einfachen Regelung könne Europa Armutsbekämpfung und bessere Regierungsführung in Entwicklungsländern "um einen Riesenschritt nach vorne bringen".



Unternehmen sollten laut Kahler projektbezogene Daten offenlegen. Für kleine und mittlere Unternehmen dürfe es keine Ausnahmen geben, und sämtliche Finanzströme einschließlich Steuerzahlungen müssten erfasst werden. Müller sagte, bislang sei unklar, in welchem Bundesministerium die Daten gesammelt und aufbereitet werden sollten, wenn es zu einer EU-Regelung komme.



"Jedes Jahr fließen Schmiergelder in Millionenhöhe an Amtsträger"

Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist Bestechung bei grenzüberschreitenden Geschäftsabschlüssen weltweit ein dramatisches Problem. "Jedes Jahr fließen Schmiergelder in Millionenhöhe an Amtsträger", heißt es in einem im März veröffentlichten OECD-Bericht.



In den vergangenen Jahren musste laut OECD-Bericht beispielsweise der Siemens-Konzern eine Million Euro Strafe wegen Schmiergeldzahlungen für ausländische Telekommunikations-Aufträge zahlen. Dabei wurden auch 200 Millionen Euro als illegal bewertete Siemens-Gewinne beschlagnahmt. Ein anderer Fall betraf die Motorensparte des Konzerns MAN. Hier betrug die Strafe 300.000 Euro, dazu wurden 75 Millionen Euro konfisziert.