Caritas ruft zu mehr Flüchtlingsschutz auf

Kritik an EU-Politik

Der Präsident des Deutschen Caritasverbands, Peter Neher, hat die EU-Staaten zu einer menschlicheren Flüchtlingspolitik aufgerufen. Derzeit würden die Flüchtlinge zum "Spielball politischer Interessen". Als Beispiel nannte Neher im Interview mit domradio.de die Situation auf der Mittelmeerinsel Lampedusa.

 (DR)

Der Deutsche Caritasverband (DCV) hat eine "Abschottungspolitik" der EU-Staaten gegenüber Flüchtlingen gerügt. "Wir sollten empört darüber sein, dass so viele Flüchtlinge auf dem Mittelmeer sterben, nicht darüber, dass so viele nach Europa wollen", sagte Caritaspräsident Peter Neher zuvor bei der Jahrespressekonferenz von Caritas international am Mittwoch in Berlin. Eine solche Werteverschiebung sei nicht hinnehmbar. Zugleich verwies Neher darauf, dass bereits 80 Prozent aller Flüchtlinge weltweit von Entwicklungsländern aufgenommen würden. Hier sei eine gerechtere Lastenverteilung dringend notwendig.



Neher sprach sich dafür aus, langfristigen Strukturaufbau in Entwicklungsländern und legale Wege der Zuwanderung nach Europa stärker miteinander zu verknüpfen. Sinnvoll wäre etwa der Ausbau von zeitlich befristeten Arbeitserlaubnissen. Eine Umfrage von Caritas international habe in Westafrika ergeben, dass über 90 Prozent der Befragten nur für eine bestimmte Zeit ins Ausland wollten, um Geld zu verdienen und dann wieder in ihre Heimat zurückzukehren. "Solange die Bundesregierung aber eine restriktive Flüchtlingspolitik betreibt, können wir auf EU-Ebene kaum besseres erwarten", kritisierte der Caritas-Chef.



Dem Jahresbericht zufolge erhielt Caritas international 2010 mit 86,6 Millionen Euro fast doppelt so viele Spenden und Zuschüsse wie im Vorjahr. Die Zahl der Privatspenden habe sich mit 49,5 Millionen Euro dabei im Vergleich zu 2009 fast vervierfacht. Ursache hierfür seien vor allem zwei große Katastrophen: die Überschwemmungen in Pakistan und das Erdbeben auf Haiti. Allein hierfür sind 36 Millionen Euro Privatspenden (75 Prozent) eingegangen.