Algermissen zu zehn Jahren Bischof von Fulda

"Spannende Zeit"

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen kann am Montag den 10. Jahrestag seiner Ernennung zum Bischof von Fulda begehen. Im Interview äußert sich Algermissen über seine bisherige Zeit als Bischof in der osthessischen Domstadt und zur Lage von Kirche und Gesellschaft.

Bischof Heinz Josef Algermissen: Hier im domradio-Gespräch (DR)
Bischof Heinz Josef Algermissen: Hier im domradio-Gespräch / ( DR )

KNA: Herr Bischof, was ging in Ihnen vor, als Sie die Nachricht von Ihrer Ernennung erhielten?

Algermissen: Meine Überraschung wurde bald vom tiefen Vertrauen abgelöst, dass der allmächtige Gott, der mich nach Fulda gerufen hat, mir auch helfen wird, die für das Bistum richtigen Schritte zu gehen. Ich habe nach wie vor die Zuversicht, dass Gott zu seiner Verheißung steht und uns tragend und führend begleitet.



KNA: Und nun, zehn Jahre später? Wie denken Sie über Ihr Bischofsamt?

Algermissen: Zehn Jahre als Bischof von Fulda - eine spannende Zeit ohne jedwede Langeweile! Am stärksten beeindruckt haben mich Glaubensstärke und Mut vieler Priester und Ehrenamtlicher, die auch auf schwierigen Wegen und an schier unerträglichen Tagen mitgegangen sind; weiter: das unverdorbene Lachen der Kinder, die Freude und Hoffnung Jugendlicher. Unser Glaube wurde in diesen zehn Jahren bei großen Jubiläen und frohen Festen gefeiert. Beglückende Stunden!



Ernüchterung gab es, wenn Engstirnigkeit, böse Rede und Heimtücke vergiftet haben. Die größte Erschütterung verbinde ich mit der Schande des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker, Ordensangehörige und andere kirchliche Mitarbeiter. Was ich im Jahr

2010 zur Kenntnis nehmen musste, kostete mich schlaflose Nächte, ließ Ekel in mir hochkommen, war für mich bis dahin undenkbar.



KNA: Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals und angesichts vielfältiger Rufe nach Reformen in der Kirche haben die deutschen Bischöfe einen Dialogprozess zur Zukunft der Kirche hierzulande angestoßen. Was sind Ihre Erwartungen daran?

Algermissen: Es bedarf dringend eines Dialogprozesses über wichtige Fragen bezüglich des zukünftigen Weges der Kirche. Der Begriff "Dialog" ist, recht verstanden, ein zentraler in wesentlichen Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils. Allerdings ist wichtig, dass Dialog etwas anderes ist als Debatte und nicht von vornherein als Mittel zur Veränderung verstanden werden kann. Es gibt Themen, die theologisch weder voraussetzungslos noch ergebnisoffen diskutiert werden können.



Es ist für mich selbstverständlich, dass sich die Kirche je und je ändern muss. Der Glaube an die Kraft des Heiligen Geistes fordert das. Allerdings: Eine andere Kirche, die einige provozieren, ist mit mir nicht zu machen.



KNA: Sie haben wiederholt Klage über einen Werteverlust in Politik und Gesellschaft geführt. Wie dem gegensteuern?

Algermissen: Wichtig ist, dass wir als katholische Christen nicht ängstlich und defensiv unsere Grenzen abstecken, uns in die sakrale Nische der Tradition zurückziehen und den allgemeinen Niedergang in Politik und Gesellschaft beklagen, sondern selbstbewusst an die Öffentlichkeit gehen, bereit, "jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach dem Grund unserer Hoffnung fragt", wie es im 1. Petrusbrief heißt. Bekennermut ist gefragt, nicht Indifferentismus und feige Anpassung. Wenn wir das leisten, können wir Sauerteig sein und dienen der Gesellschaft am besten.



Interview: Peter de Groot



Zur Person Heinz Josef Algermissen

Bischof Heinz Josef Algermissen wurde am 15. Februar 1943 in Hermeskeil bei Trier geboren. Nach dem Abitur 1963 studierte er Philosophie und Theologie in Freiburg und Paderborn. In Paderborn wurde er am 19. Juli 1969 von Kardinal Lorenz Jaeger zum Priester geweiht. Nach elfjähriger Tätigkeit als Vikar in Bielefeld und Meschede wurde er 1980 Pfarrer in Bielefeld-Schildesche. Von 1974 bis 1979 war er auch Studentenseelsorger an der Gesamthochschule Paderborn. 1984 wurde er zusätzlich Dechant des Dekanates Bielefeld und 1991 Regionaldekan der Seelsorgeregion Minden-Ravensberg-Lippe. Als Pfarrer im überwiegend protestantisch geprägten Bielefeld setzte Algermissen ökumenische Akzente. Mit gemeinsamen Bildungs- und Bibelwochen trug er sehr zum Miteinander von katholischen und evangelischen Christen bei. Diese Arbeit hat ihn geprägt. So leitete er von 1989 bis 1996 die Ökumene-Kommission des Erzbistums. Von 1994 bis 1998 war er auch geschäftsführender Vorsitzender des Priesterrates



. Im Juli 1996 wurde Algermissen von Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Labicum (einem erloschenen Bischofssitz in Italien) und Weihbischof in Paderborn ernannt. Die Bischofsweihe empfing er am 21. September 1996 durch Erzbischof Dr. Johannes Joachim Degenhardt. Als Bischofsvikar war er für Ordens- und Säkularinstitute und Gesellschaften des Apostolischen Lebens zuständig. Seit 1997 war er auch Diözesanrichter am Erzbischöflichen Offizialat. Im Mai 1999 wurde er ins Paderborner Metropolitankapitel berufen. In der Deutschen Bischofskonferenz gehört Algermissen der Liturgiekommission und der Ökumenekommission an. Am 20. Juni 2001 wurde Algermissen von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Fulda ernannt und am 23. September in sein Amt eingeführt. Im September 2002 wurde er zum Präsidenten von Pax Christi gewählt.



(Quelle: Bistum Fulda)