Sorbischer Priester und NS-Gegner Andritzki seliggesprochen

Nun auch offiziell ein Märtyrer

Er ist der erste seliggesprochene Sorbe: Am Pfingstmontag hat die katholische Kirchen Alois Andritzki seliggesprochen. An der Messe vor der Dresdner Kathedrale nahmen Tausende Menschen teil, unter ihnen zahlreiche Bischöfe und Sachsens Ministerpräsident Tillich. Kardinal Amato aus Rom verlas die offizielle Erklärung zur Seligsprechung Andritzkis, der 1943 im Konzentrationslager Dachau getötet worden war.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Als "Märtyrer des sorbischen Volkes" wird Alois Andritzki (1914-1943) seit langem schon besonders von der slawischsprachigen Minderheit im Osten Sachsens und Brandenburgs verehrt. Wegen seiner christlich motivierten Kritik am Nationalsozialismus kam der Priester ins Konzentrationslager Dachau und starb dort durch eine Giftspritze. Am Pfingstmontag sprach die katholische Kirche ihn in Dresden feierlich selig und erhob ihn damit auch offiziell zum Glaubensvorbild.



Bischof Reinelt erinnerte in Predigt an Geistliche unter NS-Opfern

In seiner Predigt erinnerte der Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, daran, dass die Nationalsozialisten rund 4.000 katholische Geistliche ermordeten, davon über 1.000 in Dachau. Für 2.700 Priester sei das Konzentrationslager ein "unvorstellbarer Ort der Quälereien, der brutalen Erniedrigung und Rechtlosigkeit" gewesen. Dort habe Andritzki versucht, andere froh zu machen und zu trösten. "Wir brauchen diese Vorbilder, die über das Mittelmaß hinausreichen", betonte Reinelt.



Bei dem Festgottesdienst vor der Kathedrale des Bistums Dresden-Meißen verlas der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Kardinal Angelo Amato, unter dem Beifall der Teilnehmer das Schreiben von Papst Benedikt XVI. An der Messe in deutscher und sorbischer Sprache nahmen über 8.000 Menschen teil, unter ihnen zahlreiche Bischöfe aus dem In- und Ausland.



Es klopfte an der Tür, draußen stand die Gestapo

Im Januar 1941 saß Kaplan Alois Andritzki nach der Aufführung eines Theaterstücks mit Jugendlichen seiner Pfarrgemeinde zusammen. Es klopfte an der Tür, draußen stand die Gestapo. Die jungen Leute konnten das anschließende Gespräch nicht verstehen, aber die Befürchtungen des Kaplans danach waren eindeutig: "Das war erst der Anfang. Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir alle auf die Guillotine kommen", warnte er. Wenige Tage später wurde er verhaftet.



Wegen Verstoßes gegen das "Heimtückegesetz" verurteilte ihn ein Sondergericht in Dresden zu sechs Monaten Haft. Andritzki habe sich "mit gehässigen, hetzerischen und böswilligen Ausführungen" gegen die Staatsführung gewandt, so die Vorwürfe. Nach Entlassung aus der Haft wartete die Gestapo erneut auf ihn. Sie brachte Andritzki ins Konzentrationslager Dachau. Im Januar 1943 kam er in den gefürchteten Krankenblock und wurde dort nach einem Augenzeugenbericht von einem Wärter mit der Giftspritze ermordet.



"Mit feuriger Begeisterung trat er für das Apostolat der Laien und die Liturgie ein"

Der am 2. Juli 1914 in Radibor bei Bautzen geborene Andritzki war als lebenslustiger und unkonventioneller Priester bekannt. Als Vikar an der Dresdner Hofkirche und Präfekt der Dresder Kapellknaben wurde er deshalb vor allem von den jungen Christen bewundert. Einer seiner Mithäftlinge in Dachau war Benediktinerpater Maurus Münch, der nach dem Krieg berichtete: "An drei Abenden lasen wir gemeinsam die Heilige Schrift. Aus dem Bibelkreis wurde ein Liturgiekreis, dessen Lehrer und Verfechter Alois war. Mit feuriger Begeisterung trat er für das Apostolat der Laien und die Liturgie ein." Mit Pater Maurus schwor Andritzki, "keinen Augenblick die priesterliche Berufung vergessen" zu wollen. Die zensierten Briefe aus dem KZ lassen erahnen, dass er trotz Hunger und Demütigung die Zuversicht nicht verlor.



Sein Sterbetag, der 3. Februar, wird unter anderen von den sorbischen Jugendlichen, Studenten und Akademikern seit langem alljährlich als Gedenktag begangen. Auch in der DDR erfuhr Andritzki als "Antifaschist" eine gewisse Wertschätzung. Seine Verehrung war jedoch problematisch: Einen sorbischen Widerstandskämpfer konnte die SED für ihre Propaganda gut gebrauchen, doch nicht einen katholischen Priester.



1998 eröffnete das Bistum Dresden-Meißen ein Untersuchungsverfahren zur Vorbereitung des Seligsprechungsprozesses, der nun abgeschlossen ist. Andritzki ist jetzt der erste Sorbe, der in dieser Weise als Glaubensvorbild verehrt wird. Seine Asche ruht zusammen mit der zweier weiterer Priester, die in Dachau starben, in einem eigens geschaffenen Schrein im linken Seitenschiff der Dresdner Kathedrale.