Ministerpräsident Tillich zur Seligsprechung von Alois Andritzki

"Als Sorbe macht mich diese Ehrung stolz"

Am Pfingstmontag spricht die katholische Kirche den im KZ Dachau gestorbenen Priester und NS-Gegner Alois Andritzki in Dresden feierlich selig. Im Interview spricht Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der wie Andritzki der slawischsprachigen Minderheit angehört, über seine Verehrung für den Märtyrer.

 (DR)

KNA: Herr Ministerpräsident, was bedeutet Ihnen die Seligsprechung Andritzkis?

Tillich: Er hat in der schweren Zeit der Nazi-Diktatur zu seinem Glauben gestanden und hat seine Überzeugung nicht verleugnet. Er ist standhaft geblieben und musste dafür mit seinem Leben bezahlen. Es ist immer eine besondere menschliche Eigenschaft, zu seinem Glauben zu stehen, gerade in Diktaturen. In einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft ist das zwar glücklicherweise anders, weil wir unsere Meinungen frei äußern können. Alois Andritzki kann auch heute, besonders für junge Menschen, ein Vorbild sein, auch in schwierigen Phasen für die eigenen Positionen einzustehen. Denn auch heutzutage ist es nicht ungewöhnlich, von anderen für seinen Glauben belächelt zu werden.



KNA: Inwiefern war er Ihnen schon zu DDR-Zeiten als Kind und Jugendlicher ein Begriff?

Tillich: Alos Andritzki und sein Schicksal war unter uns Katholiken bekannt. Es gab aber keine entsprechende Verehrung im öffentlichen Raum. Wahrscheinlich wäre sie sogar problematisch gewesen, weil die DDR Andritzki im Rahmen ihrer Ehrungen der Nazi-Opfer möglicherweise missbraucht hätte. Bereits Ende der 80er Jahre wurde in Dresden aber eine Straße nach ihm benannt.



KNA: Andritzki war Sorbe, auch Sie gehören der slawischsprachigen Minderheit an. Inwieweit spielt dies für Sie auch eine Rolle?

Tillich: Nach Bischof Benno von Meißen ist er im Bistum Dresden Meißen der zweite sächsische Christ, der seliggesprochen wird. Dass er dazu noch Sorbe war, ist schon einmalig, und das wird es wahrscheinlich für lange, lange Zeit bleiben. Als Sorbe macht mich diese Ehrung stolz.



KNA: Kann die Seligsprechung dazu beitragen, die Minderheit bekannter zu machen?

Tillich: Für viele Menschen ist die Seligsprechung sicher ein Anlass, sich dafür zu interessieren, wer die Sorben sind und woher sie kommen. Manchem Sachsen kann auch einmal mehr deutlich werden, dass sie in vielen Facetten ein Teil dieses Landes sind. Bisher sind die Sorben ein bisschen zu sehr nur als Eier bemalende, tanzende und singende Minderheit im Bewusstsein, die im Spreewald auf Kähnen durch die Wasserläufe stakt. Dieses klischeehafte Bild wird jetzt hoffentlich realistischer, wenn man sieht, welche bedeutende Persönlichkeiten auch die Sorben hervorbringen.



KNA: Wie werden Sie an der Feier teilnehmen?

Tillich: Bischof Joachim Reinelt hat mich gebeten, mich aktiv zu beteiligen, was ich gerne tue. Ich werde deshalb eine Fürbitte auf Sorbisch halten.



Interview: Gregor Krumpholz