Kampagne begeht Afrika-Tag

Von Chancen und Defiziten

Der Afrika-Tag wird jährlich am 25. Mai in den Mitgliedsländern der Afrikanischen Union festlich begangen. In Deutschland richtet "Gemeinsam für Afrika" den Blick auf Chancen und Defizite: Maike Just von der Kampagne im domradio.de-Interview über Misswirtschaft mit Hühnern und die Rolle der Frau.

 (DR)

domradio.de: Sie haben damit auf unfaire Handelsströme aufmerksam gemacht. Wie kommen diese Wettbewerbsverzerrungen denn zustande?

Just: Am Beispiel von einem Huhn kann man das gut erklären: In Europa wird viel zu viel Geflügel produziert, viel mehr, als wir überhaupt verzehren können. Vor allem die Hühnerbrust bleibt hier in Europa, weil die so schön mager ist. Während die fetten Teile des Huhns wie die Flügel oder die Beine nicht abgenommen werden auf unseren Märkten. Und diese Überschüsse werden in afrikanische Länder exportiert und dort auf den Märkten zu Dumpingpreisen angeboten. Das führt aber dann dazu, dass es sich für einen afrikanischen Geflügelhändler gar nicht mehr lohnt, eine Geflügelzucht zu betreiben, weil die europäischen Tiefkühlwaren so viel billiger sind, dass sie gar nicht mehr mithalten können. Und das hat jetzt langfristig dazu geführt, dass sehr viele afrikanische Geflügelzüchter Pleite gegangen sind. Und nicht nur die Züchter, auch die aus dem verarbeitenden Gewerbe, zum Beispiel die Hühnchenrupfer. Was außerdem erschwerend hinzu kommt, dass unsere Hühner tiefgekühlt auf den afrikanischen Märkten ankommen müssen und diese Kühlkette gar nicht eingehalten werden, so dass das Huhn ungenießbar wird und auch oft zu gesundheitlichen Schäden führt.

domradio.de: Welche Änderungen fordern Sie damit von der EU?

Just: Im Moment ist es so, dass Industrieländer keine Einfuhrzölle erheben dürfen auf dieses Hühnerfleisch. Und des deswegen ist dieses Hühnerfleisch in ihren Ländern auch so preiswert. Wir fordern, dass die Entwicklungsländer Einfuhrzölle auf diese Hühner erheben dürfen. Damit werden die Hühner teurer und auch wettbewerbsfähig zu den einheimischen Produkten. Bisher ist es so, dass wir den Entwicklungsländern keine Kredite mehr gewähren, wenn sie Einfuhrzölle erheben.

domradio.de: Für die afrikanische Wirtschaft spielen auch Frauen eine große Rolle: Warum braucht Afrika seine Frauen, um die Armut zu bekämpfen?

Just: Die Frauen sind ganz wichtige Träger für die afrikanische Wirtschaft. Wir haben diese Erfahrung zum Beispiel gemacht mit Kleinkreditprogrammen. Da bekommen sehr oft Frauen einen Kleinkredit gewährt, davon kaufen sie zum Beispiel eine Nähmaschine, nähen Kleider, können nach und nach ihren Kredit abbezahlen und ihre Familien ernähren. Und bei Frauen ist es so, deshalb unterstützen wir vor allem sie, zahlen 98 Prozent des Kredits zurück; sie sind sehr zuverlässige Partner für uns. Und Frauen investieren 90 Prozent des Geldes, das sie erwirtschaften, in ihre Familie, Bildung und Gesundheit - bei Männern in Afrika sind es nur 40 Prozent, die restlichen 60 Prozent landen in Statussymbolen und in der Kneipe um die Ecke.

Das Gespräch führte Christian Schlegel.

Hintergrund: Mit dem Afrika-Tag wird der Gründung der Organisation Afrikanischer Einheit (OAU) im Jahr 1963 gedacht. Die Afrikanische Union trat im Jahr 2002 die Nachfolge der OAU an. Gemäß Art. 33 Abs. 1 des Gründungsvertrags ging die Afrikanische Wirtschaftsgemeinschaft in der AU auf.