ZdK-Präsident Stefan Vesper im Interview

"Hierarchie gehört zu unserer Kirche"

Bis Samstag berät in Erfurt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken unter anderem über den von den Bischöfen angestoßenen Dialog zur Zukunft der Kirche. Über den bisherigen Verlauf im Interview mit domradio.de ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper.

 (DR)

domradio.de: Herr Vesper, was erwarten Sie von der Vollversammlung?

Stefan Vesper: Es ist sehr wichtig und sehr gut, auch aus der Perspektive der Menschen in den neuen Bundesländern, der Katholiken, die hier eine Minderheit sind, unsere Themen zu behandeln. Jetzt geht es ja unter anderem um den Dialogprozess. Wir wollen, das wird Alois Glück in seinem Einführungsstatement auch sagen, darauf Wert legen, dass alle Fragen, die die Katholiken bewegen, thematisiert werden können. Es darf keine Denkverbote geben, wir wollen unsere Kirche mitgestalten, das ist unser Auftrag und auch ein wenig unser Anspruch als Laien in der Kirche.



domradio.de: Welche Fragen werden im Zusammenhang mit dem Dialogprozess im Vordergrund stehen?

Vesper: Es ist ja jetzt so, dass die gemeinsamen Arbeitsgruppen von Bischofskonferenz und Zentralkomitee ihre Arbeit aufgenommen haben. Die erste beschäftigt sich mit der Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Staat, wir wollen ja gemeinsam, Bischöfe und Laien, Zeugnis geben für das Evangelium, wir wollen uns bei den Fragen einbringen, die die Menschen beschäftigen, sei es in der Arbeitswelt oder auch als Familie. Jetzt auch bei der Frage der Energiepolitik, zum Beispiel ist es sehr wichtig und meiner Meinung nach auch sehr schön, dass in der Energiekommission von Angela Merkel Alois Glück als Präsident des ZdK ebenso sitzt wie Kardinal Marx als Vertreter der Bischöfe, die sich mit sozialen Fragen beschäftigen. Also wir wollen alle politischen Fragen gemeinsam gestalten und darüber einen Austausch führen. Eine zweite Arbeitsgruppe zwischen ZdK und Bischofskonferenz beschäftigt sich mit Priestern und Laien in der Kirche, mit dem Verhältnis in den Gemeinden, in den Diözesen, also dem Mitspracherecht, aber auch der Mitsprachefähigkeit und der Kompetenz der Laien, denn wir wollen gemeinsam auch in den Kirchen und Gemeinden Zeugnis geben.



domradio.de: In beiden Gruppen bei Bischöfen und Priestern sowie bei den Laien gäbe es Bewahrer und solche, die einen neuen Aufbruch wagen wollten, hat Alois Glück gesagt. Wie gesprächsbereit schätzen Sie denn diese Gruppen einen Tag vor der Frühjahrs-Vollversammlung ein?

Vesper: Es gibt nur eine einzige Möglichkeit für uns als Katholiken in Deutschland, und das sind das Gespräch und der faire und gute Dialog untereinander. Denn die Menschen, damit meine ich die Menschen außerhalb wie innerhalb der Kirche, wollen eine Kirche, der man vertrauen kann. Der Missbrauchsskandal des letzten Jahres war ja etwas, das unser Vertrauen in der Gesellschaft erschüttert hat. Und wir müssen alles tun, um durch ein gutes Miteinander und einen fairen und konstruktiven Dialog dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Und dafür gibt es aus meiner Sicht nur eine einzige Möglichkeit, nämlich zeigen, dass man mit freiem und gutem Miteinander die Kirche für unsere Zeit immer wieder neu aufschließt. Johannes XXIII, der alte Papst des Konzils hat immer wieder von einem Aggiornamento gesprochen, das heißt wir müssen die Kirche unter Bewahrung des Kerns der Verkündung des Evangeliums immer wieder in der neuen Zeit neu aufstellen.



domradio.de: Wenn ein echter Dialog zwischen Bischöfen und Laien in der katholischen Kirche in Gang kommen soll, steht die Hierarchie der katholischen Kirche da nicht im Wege?

Vesper: Nein, die Hierarchie gehört ja konstitutiv zu unserer Kirche dazu, das stellt niemand in Frage. Es geht nur darum, dass man als Hierarchie sich immer in ein Gespräch einbinden lassen muss. Man muss, wie Erzbischof Zollitsch sagt, "hörende Kirche" sein, der Bischof muss immer auch ein Hörender sein, der mitten unter den Menschen lebt. Und wir haben in Deutschland das gute System der Diözesanräte, die den Bischof beraten sollen und auch können. Und deswegen ist es sehr wichtig, dass die Hierarchie immer gebunden ist nicht an eine Gruppe von Menschen, die immer ja sagt und ihr nach dem Munde redet, sondern dass eine freie und auch qualifizierte Gruppe von Laien existiert, die den Bischöfen und auch der Pfarrgemeinde und dem Pfarrer sagt, was die Menschen denken, damit gemeinsam Lösungen gefunden werden können.



Das Gespräch führte Tommy Millhome.