Auch ein Jahr danach sind die Folgen der Deepwater-Horizon-Katastrophe sichtbar

Überall Öl

Vor einem Jahr, am 20. April 2010, explodierte die Bohrinsel "Deepwater Horizon". Noch monatelang floss danach Erdöl ins Meer, insgesamt 780 Millionen Liter - die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte der USA. Jörg Feddern war gerade noch vor Ort. Im Interview mit domradio.de berichtet der Greenpeace-Experte über die bis heute sichtbaren Folgen.

 (DR)

domradio.de: Sie waren jetzt im März zwei Wochen lang vor Ort. Wie ist ihr Eindruck, ein Jahr danach?

Feddern: Ich war sehr überrascht: Überall, wo ich war - ob im Mississippi-Delta, an den Stränden oder den vorgelagerten Inseln: ich habe überall Öl gefunden. Ich musste nicht suchen, sondern ich bin einfach an den Strand gegangen. Überall war Öl. Nicht in großen Flächen, Kaffeebohnen-groß, dafür aber über Hunderte von Metern fünf Meter breite Streifen. Oder aber richtig große Platten. Und wir haben dann auch in Florida - das berühmt für seine Strände ist - auch mit der Schaufel in schneeweißem Strand gegraben, und überall waren diese Ölflocken. Das heißt für mich einfach, dass diese Ölkatastrophe noch nicht vorbei ist. Und dass dieses Öl noch jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang diese Region beeinflussen wird.



domradio.de: Ist es denn klar, dass dieses Öl von der Katstrophe stammt?

Feddern: Das kann man als sicher annehmen. Ich habe auf meiner Reise Ölproben genommen und habe sie hier im Seeschifffahrt und Hydrographie untersuchen lassen. Und dann war klar, dass es sich um Öl handelte, das von dem Unfall der Deepwater Horizon stammt.



domradio.de: Es gibt Meldungen, dass hundert verölte Delphine und Wale nach der Katastrophe gefunden worden sind, die meisten tot. Was ist da dran?

Feddern: Das hat uns auch geschockt. Wir haben mit vielen Menschen gesprochen, und die waren vor allen Dingen in Florida und in Alabama sehr überrascht und wütend, dass es so viele tote und vor allem frühgeborene Delphine an den Stränden gibt. Die offiziellen Stellen verweigern quasi die Untersuchung dieser Tiere. Es werden zwar Proben genommen. Aber diese Proben werden zurzeit nicht untersucht. Denn sollte sich herausstellen, dass die Delphine aufgrund dieses Unfalls gestorben sind, hat das ein Gerichtsverfahren zur Folge. Und BP muss das Labor, das diese Proben untersucht, anerkennen. Da gibt es momentan einen großen Streit. Das kann ich nicht nachvollziehen. Es ist wichtig, dass genau zu untersuchen, um festzustellen, inwieweit das Öl nicht nur an den Stränden, sondern vermutlich auch im Wasser und auch am Meeresboden negative Auswirkungen hat.



domradio.de: Wie haben denn die Menschen die Katstrophe verarbeitet?

Feddern: Die Menschen, die ich kennen gelernt habe, waren alle wütend. Wütend auf BP. Und vor allem hatten sie sehr viel Angst davor, dass die gerade beginnende Saison aufgrund des Unfalls nicht so verläuft, wie sie sich das vorstellen.



domradio.de: Wie lange wird es dauern, bis die Spuren der Katastrophe nicht mehr sichtbar sind?

Feddern: Das wird noch Jahre dauern. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass BP über kurz oder lang die Aufräumarbeiten einstellen wird. In Alabama haben sie es schon getan. Weil es auch immer schwieriger wird, dieses Öl von den Stränden zu beseitigen.



Das Gespräch führte Susanne Becker-Huberti