Nigerias Präsident Goodluck Jonathan hat offenbar die Wahl klar gewonnen

Der Mann mit dem Hut

Zwei Dinge zeichnen Goodluck Jonathan aus, den bisherigen und wohl auch künftigen Präsidenten von Nigeria: Der schwarze Hut, den er zu seinem Erkennungszeichen gemacht hat. Und seine Fähigkeit, in seinem politischen Leben zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Sein verheißungsvoller Vorname brachte ihm dabei wohl tatsächlich Glück.

Autor/in:
Bettina Rühl
 (DR)

Jonathan, 53, ist ein christlicher Politiker aus dem ölreichen Süden Nigerias und gehört der "Demokratische Volkspartei" (PDP) an. Im Mai 2010 war er ins höchste Staatsamt gekommen, als Nachfolger des im Amt gestorbenen Präsidenten Umaru Yar"Adua, einem Muslim. Zuvor war Jonathan Vizepräsident und kaum öffentlich in Erscheinung getreten.



Viele halten Jonathan politisch für eine eher schwache Figur. Der studierte Zoologe war jahrelang im Staatsdienst und unter anderem für den Umweltschutz zuständig. Er gilt als guter Verwaltungschef, aber nicht unbedingt als charismatischer Führer. Vielleicht deshalb versuchte er, sich bei Barack Obama etwas Glanz zu holen, und schrieb "Yes we can" auf seine Wahlplakate.



Bescheidenheit statt Ausstrahlung

Im Allgemeinen gleicht Jonathan das Defizit an Ausstrahlung durch Bescheidenheit aus. Dazu gehört auch, dass er sich Ende 2010 bei der Bevölkerung für das Versagen der Regierung in der Stromversorgung entschuldigt hat. Dass die Regierung der Erdölnation nicht in der Lage ist, die eigenen Bürger mit ausreichend Energie zu versorgen, ist im Grunde unentschuldbar. Jonathan ist der erste Politiker, der das so deutlich aussprach. Das trug ihm Anerkennung ein.



Im Wahlkampf hat er außerdem allzu hitzige Töne vermieden. Im Vielvölkerstaat Nigeria, mit 50 Prozent Muslimen und 40 Prozent Christen, kommt es immer wieder zu Konflikten. Zudem bekannte sich Jonathan zur Demokratie. "Das war nicht nur eine Imagekampagne", sagt der Buchautor und Nigeria-Kenner Heinrich Bergstresser. "Jonathan hat auch Entscheidungen gegen eigene Interessen getroffen."



Dazu gehört, dass Jonathan die Unabhängigkeit der Nationalen Wahlkommission stärkte. Und dass er eine saubere Abstimmung Anfang des Jahres zum Auftakt der heißen Wahlkampfphase versprach: "Es wird darauf ankommen, dass bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl alle Stimmen zählen und gezählt werden." Als Prioritäten nannte er den Kampf gegen die Korruption und den Friedensprozess im unruhigen Niger-Delta.



Regel durchbrochen

Eine politische Handschrift hat er in den Monaten seiner Interims-Präsidentschaft kaum entwickeln können. Dafür war die Zeit zu kurz, zumal in Nigeria das politische Leben im Wahlkampf üblicherweise für Monate stillsteht. Jonathans Erfolge, wie etwa die relative Befriedung des Niger-Deltas, gehen weitgehend auf politische Entscheidungen zurück, die noch Yar"Adua getroffen hatte.



Jonathans Wahl zum Präsidenten verändert einige Gewissheiten in Nigeria. Lang war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich ein Christ aus dem Süden und ein Muslim aus dem Norden an der Macht abwechseln. Die Regel wurde durchbrochen, weil Yar"Adua, der 2007 Präsident wurde, ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit starb und der Christ Jonathan an seine Stelle trat. Jetzt hätten die Muslime lautstark die Macht beanspruchen können.



Jonathan war schon früher einmal zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Im Bundesstaat Bayelsa stieg der Politiker mit Hut 2005 vom Vizegouverneur zum Gouverneur auf, weil der Amtsinhaber ebenfalls vorzeitig ausfiel: Er wurde wegen Korruptionsvorwürfen des Amtes enthoben.