"YouCat" gibt flotte Kurzantworten auf hochtheologische Fragen

Hier eine Auswahl: Reiche sollen "solidarisch teilen", aber Investoren hätten sehr wohl auch "legitime Interessen, die geschützt werden müssen". Beim Kauf billiger Jeans dürfe "es uns nicht gleichgültig sein, unter welchen Umständen sie produziert wurden". Es gebe Ungleichheiten unter Menschen, die "durchaus Gottes Willen entsprechen" - und solche, die es nicht tun.



Die Suche nach richtigen Antworten war im Zuge der 2.000-jährigen Kirchengeschichte von Beginn an von Kontroversen begleitet. Gegen eine Interpretation der Person Jesu als Sozialrevolutionär - und gegen die "politische Theologie" - wandte sich ja zuletzt auch Benedikt XVI. im zweiten Teil seines Jesusbuchs. Wenn der "YouCat" so wie der Papst die Revolutionäre im Judäa des Pontius Pilatus und Jesus klar voneinander trennt, so greift das neue Glaubensbuch aus Deutschland/Österreich durchaus auch politische Themen auf.



Von der Tradition eines gottbefohlenen Gehorsams der staatlichen Obrigkeit gegenüber setzt sich der "YouCat" klar ab. Möglicherweise ist das dem Umstand zu verdanken, dass der weltkirchliche Katechismen-Koordinator, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, vor einigen Jahren auch treibende Kraft für die Seligsprechung des von den Nazis hingerichteten Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter (1907-1943) war. Und so heißt es zum Staatsgehorsam im "YouCat: "Sollte ein Staat rassistische, sexistische oder lebenszerstörende Regeln aufstellen und Maßnahmen treffen, so ist ein Christ im Gewissen verpflichtet, den Gehorsam zu verweigern, sich der Beteiligung zu entziehen und Widerstand zu leisten."



Zu finden ist auch eine Aufforderung zur Zurückhaltung bei Militäraktionen. Den christlichen "Theocons" in den USA zur Zeit des Irak-Kriegs hält der "YouCat" ein Zitat von Nobelpreisträger Muhammad Yunus entgegen. Der ehemalige Geschäftsführer der Grameen Bank für Mikrokredite in Dhaka betont demnach, der Kampf gegen den Terrorismus könne nicht durch Militäraktionen gewonnen werden - sondern durch Engagement für Entwicklungspolitik und Gerechtigkeit.



Warum der Priesterberuf kein Job ist

Das Glaubensbuch, an dem Theologen wie auch der Mediziner und Bestsellerautor Manfred Lütz mitgewirkt haben, gibt aber auch flotte Kurzantworten auf Fragen, zu denen Theologen aus Scholastik und Neuscholastik Tausende Seiten schwer verdaulicher lateinischer Traktate voll abstrakter Begriffschöpfungen hinterlassen haben. Etwa, wenn es darum geht, was ein Sakrament ist: nämlich das den Aposteln von Jesus anvertraute Erbe; "heute würde man sagen: Er stellte sein Erbe nicht frei ins Netz, sondern beheimatete es in einer Domain".



Neben dem Sakramentsvergleich mit einer passwortsgeschützten Domain im Internet erfährt man, warum der Priesterberuf kein Job ist; was der Treibstoff zum Guten ist; und - beim Achten Gebot - warum die Quote im Mediengeschäft nicht das Ziel sein dürfe. Beim Sechsten Gebot fehlen die flotten Sager ebenfalls nicht: "Nach dem Motto "Für Sex brauche ich niemanden, den mache ich mir selbst, wie und wann ich ihn brauche" wird niemand glücklich", heißt es etwa zum Thema Selbstbefriedigung. Und: "Wer pornografische Medien konsumiert, sich in virtuellen Pornowelten bewegt oder an pornografischen Ereignissen teilnimmt, befindet sich im weiteren Umkreis der Prostitution und unterstützt das schmutzige Milliardengeschäft mit dem Sex."



Ziel Madrid

Redakteure des 304 Seiten umfassenden, vierfarbig illustrierten Werkes waren der Frankfurter Stadtdechant Johannes Eltz, die Theologin Michaela Heereman, "Pattloch"-Verlagsleiter Bernhard Meuser und der Münsteraner Stadtpfarrer Christian Schmitt.



Wichtiger Einsatzort des "Youcat" soll der katholische Weltjugendtag (WJT) von 11. bis 21. August in Madrid sein. Im Pilgerrucksack, der in Madrid verteilt wird, wird sich neben dem typisch spanischen Fächer auch der Katechismus finden. Der "YouCat" wird bis dahin in zwölf Sprachen vorliegen. Allein für die WJT-Teilnehmer ist eine Auflage von 700.000 Exemplaren geplant.