Deutschland dringt auf schärfere Sanktionen gegen Gaddafi

Libyen im Fokus

Deutschland setzt bei der Lösung des Libyen-Konflikts vor allem auf schärfere Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime. Die Regierung habe in der EU darauf gedrungen, "noch stärkere gezielte Sanktionen gegen Libyen zu verabschieden. Einen großangelegten Marschallplan Europas für Nordafrika haben derweil Entwicklungsexperten gefordert.

 (DR)

Wir sind hier auf einem ganz guten Weg", sagte Außenamtssprecher Andreas Peschke am Mittwoch in Berlin. Eine Flugverbotszone sei "eine der Optionen, die auf die Tisch liegen". Eine Verengung der Debatte auf eine solche Option sei der Sachlage allerdings "nicht ganz angemessen", sagte er.



Peschke erklärte, voraussichtlich könnten schon am Donnerstag beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel erste Beschlüsse für schärfere Sanktionen gefasst werden. Das Treffen soll den EU-Sondergipfel zur dramatischen Lage in dem nordafrikanischen Staat vorbereiten, zu dem die Staats- und Regierungschefs einen Tag später anreisen.



Erwartungen an Sicherheitsrat

Deutschland dringe auch darauf, dass sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in dieser Woche noch einmal mit der Frage von gezielteren Sanktionen beschäftige, "weil wir glauben, dass man da noch viel mehr tun kann", sagte Peschke.



Zur Frage nach einer Flugverbotszone äußerte sich Peschke zurückhaltend. Deutschland habe klargemacht, dass eine Flugverbotszone "nur in Frage kommen kann, wenn es eine klare völkerrechtliche Grundlage in Form eines Mandates des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt", sagte er. Zweitens müsse sichergestellt sein, dass die arabischen Staaten in der Region das Vorhaben unterstützten.



Eine solche Option müsse aber sehr sorgfältig und umsichtig geprüft werden, sagte Peschke. Insbesondere müsse es eine sorgfältige Abwägung der möglichen Konsequenzen geben.



Experten fordern europäischen Marschallplan für Nordafrika

Einen großangelegten Marschallplan Europas für Nordafrika haben derweil Entwicklungsexperten gefordert. Die demokratischen Revolutionen in Ägypten, Tunesien und Libyen seien eine große Herausforderung für Europa, das seine Chance jetzt so schnell wie möglich nutzen müsse, erklärten der Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck, der langjährige entwicklungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Winfried Pinger (CDU), und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, am Mittwoch in Bonn. Sie forderten eine Konzentration der staatlichen deutschen und der europäischen Entwicklungshilfe auf Nordafrika.



Priorität müsse jetzt die Schaffung von Arbeitsplätzen für die junge Generation in den nordafrikanischen Ländern haben, so die Unterzeichner des Aufrufs. Dazu sollten die europäischen Staaten große Infrastrukturmaßnahmen wie den Bau von Autobahnen, Eisenbahnen und Energieprojekten anstoßen und mitfinanzieren, etwa über die Europäische Investitionsbank. Dadurch könne Nordafrika den Anschluss an den Weltmarkt finden. Entscheidend sei, dass möglichst viele junge Tunesier, Ägypter und Libyer dabei Arbeit und Ausbildung finden könnten.



Pinger sprach sich zugleich für den mittelfristigen Aufbau dualer Berufsausbildungssysteme und die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben aus. Dazu könne insbesondere Deutschland mit seiner Tradition dualer Ausbildung und dem dichten Netz an mittelständischen Unternehmen, Handwerks- und Handelskammern sowie Nichtregierungsorganisationen wesentlich beitragen.



Dass die arabischen Herrscher von Mubarak über Ben Ali bis zu Gaddafi Milliarden Dollar auf Privatkonten beiseite schaffen konnten, werteten Neudeck und Pinger auch als Beweis dafür, dass die staatliche Entwicklungshilfe Deutschlands und der EU versagt habe. Das Geld sei bei den normalen Bürgern nicht angekommen. Die Revolution in den nordafrikanischen Staaten zeige, dass die arabischen Staaten und der Islam reformfähig seien. An die Bereitschaft der Menschen, ihr Geschick selbst in die Hand zu nehmen, müsse die europäische Politik anknüpfen, so Neudeck.