Forschungsprojekt zu sexueller Gewalt startet

Versteckte Folgen des Missbrauchs

Opfer-Berichte im Zuge des Missbrauchsskandals legen nahe, dass missbrauchte Kinder eine enorme Bürde ins Leben mitnehmen. In Regensburg startet jetzt ein Forschungsprojekt: "Wir wollen Ursachen, Folgen und Verlauf sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen untersuchen", so der forensische Psychiater Michael Osterheider im domradio.de-Interview.

 (DR)

"Wir erwarten neue Erkenntnisse dahingehend, dass es auch versteckte Folgen gibt, die nicht erkannt werden", sagte Osterheider am Mittwoch. Weil verschiedene Symptommuster übersehen werden, würde diesen Kindern keine adäquate Therapie zukommen, erläuterte der forensische Psychiater weiter. Er ist federführend bei der Studie. "Es gibt Kinder, die sich scheinbar nach einem Missbrauch adaptieren, aber wir sehen langfristig schwerwiegende Verläufe, wo es zu Retraumatisierungen im späteren Erwachsenenalter kommen kann."



Kontaktaufnahmen im Internet

Besonders konzentrieren sich die Studienmacher auf den Einfluss digitaler Medien:  "Welche Rolle spielen Kontaktaufnahmen von Männern mit einer gestörten Sexualität im Internet", dieser Frage will Osterhager mit seinem Team ebenfalls nachgehen. Außerdem sollen mit den Ergebnissen des Forschungsprojektes Ansätze zur Prävention entwickelt werden.



Insgesamt arbeiten Ärzte, Psychologen und Kriminologen von fünf deutschen sowie einer finnischen Universität an dem Forschungsprojekt mit. Osterhager erinnerte, die Missbrauchsfälle hätten auch volkswirtschaftliche Konsequenzen. "Wir haben hier Opfer, die nicht arbeitsfähig sind, die ihre Beschulung nicht zu Ende bringen, die auf verschiedenen Ebenen auch in der psychosozialen Aktion erheblich beeinträchtigt sind."



Im Rahmen der Studie sollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mittels Online-Befragungen, Interviews und Tests um Auskunft gebeten und untersucht werden. Das Projekt heißt "MiKADO - Missbrauch von Kindern: Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer". Das Bundesfamilienministerium finanziert das Projekt bis 2014 mit rund 2,5 Millionen Euro.

Laut Osterheider weist die Kriminalstatistik 2009 für Deutschland 11.319 erfasste Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern auf.