Karl-Theodor zu Guttenberg tritt von politischen Ämtern zurück

"Eine Frage des Anstands"

Nach Wochen des Drucks in der Plagiatsaffäre hat Karl-Theodor zu Guttenberg den Rücktritt von seinen Ämtern als Verteidigungsminister und Bundestagsabgeordneter erklärt. In einer Stellungnahme sagte der CSU-Politiker, er müsse zu seinen "Schwächen und Fehlern stehen". Katholische Theologen begrüßen die Entscheidung.

 (DR)

Die Entscheidung sei der "schmerzlichste Schritt" seines Lebens, sagte zu Guttenberg in der Erklärung am Dienstag (01.03.2011). Entscheidend sei für ihn die Frage nach der Verantwortung "mit Blick auf die Bundeswehrreform und die Bundeswehrsoldaten" gewesen. Die öffentliche und mediale Betrachtung habe nur noch auf der Person Guttenberg gelastet und nicht auf dem Tod der drei Soldaten in Afghanistan. Damit habe eine dramatische Verschiebung stattgefunden.



Er habe zu seinen "Schwächen und Fehlern zu stehen". Niemand werde das aufgeben wollen, "an dem das ganze Herzblut hängt", begründete der 39-Jährige seinen späten Entschluss. Für eine Entscheidung dieser Tragweite habe er sich die gebotene Zeit nehmen wollen. Mitleid erwarte er nicht, so zu Guttenberg zum Schluss seiner Ansprache. "Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht."



Reaktionen

Der aus dem Fernsehen bekannte Kapuzinerpater Paulus Terwitte begrüßte gegenüber domradio.de die Entscheidung. Diese sei "folgerichtig", als Bundesverteidigungsminister habe zu Guttenberg mit der Universität Bayreuth gegenüber einer staatlichen Organisation eine falsche Ehrenerklärung abgegeben. "Er hat über die Stränge geschlagen."



Der Moraltheologe Dietmar Mieth erklärte in einer Stellungnahme, auch nach dem Rücktritt bleibe "das ungute Gefühl über ein solches Trauerspiel in der Behandlung des Plagiat-Falles durch die Regierung und durch die Regierungsparteien". Es gehe dabei nicht um die Person des Freiherrn zu Guttenberg. Mit wenigen Ausnahmen sei der Fall "von oben" in einer Weise abgewiegelt worden, "die sich für den gesamten deutschen Wissenschaftsbereich auch international beschämend und entwürdigend ausgewirkt hat". Besonders zu beklagen sei die Anfälligkeit von Politikern für einen Populismus, "wie er von der BILD-Zeitung lanciert wird", so der langjährige Sprecher des "Ethiknetzwerkes Baden-Württemberg" weiter.



Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauerte den Rücktritt. Sie habe das Gesuch des CSU-Politikers um Entlassung nur schweren Herzens angenommen, sagte die CDU-Chefin, aber sie habe auch Verständnis für seine Entscheidung. Gleichzeitig schloss sie ein politisches Comeback Guttenbergs nicht aus. Sie sei überzeugt, dass sich "in welcher Form auch immer in Zukunft Gelegenheit zur Zusammenarbeit" bieten werde.



Enge Verbindung zu Springer

Am Dienstag war auch bekannt geworden, dass die Bundeswehr ihren Etat für Eigenwerbung massiv aufstockt. Allein für Anzeigen in Print- und anderen Medien plane das Verteidigungsministerium für dieses Jahr Ausgaben in Höhe von knapp 5,7 Millionen Euro, schreibt die "Frankfurter Rundschau" unter Hinweis auf die Beantwortung einer Anfrage der Linkspartei an das Ministerium. Ein großer Teil davon fließe an Medien des Axel-Springer-Konzerns wie "Bild" und "Bild am Sonntag", die Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zuletzt massiv gegen Plagiatsvorwürfe in Schutz nahmen.



Die enge Verbindung von Guttenberg zum Springer-Verlag war Ende vergangener Woche publik geworden. Das Ministerium musste einräumen, dass Anzeigen für die Bundeswehr-Werbekampagne 2011 zunächst nur in "Bild", "Bild am Sonntag" und "bild.de" geschaltet würden. Dafür erhalten die beiden Blätter und ihre Online-Ausgabe in den ersten vier Wochen rund 600.000 Euro, in weiteren Phasen der Kampagne einen noch nicht bezifferten weiteren hohen Betrag.



Der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann reagierte mit Respekt auf den Rücktritt. Der Minister habe damit "die Verantwortung für ein persönliches, früheres Fehlverhalten" übernommen. "Wir sind dankbar für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in den vergangenen 16 Monaten und für das Verständnis, das er den seelsorgerlichen Anliegen der Kirche unter den Soldaten entgegengebracht hat", fügte Dutzmann hinzu.



Unter Druck geraten

In der Debatte um die Plagiatsvorwürfe gegen zu Guttenberg war auch Kanzlerin Merkel zuletzt zunehmend in die Kritik geraten. So schloss sich der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf sich den Vorwürfen von Tausenden Doktoranden am Umgang der CDU-Chefin mit den Plagiatsvorwürfen an. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse unterstellte Merkel "Schizophrenie".



Die Universität Bayreuth hatte Guttenberg seinen Doktortitel aberkannt, nachdem bekannt geworden war, dass der Christsoziale an etlichen Stellen abgekupfert und die Quellen nicht genannt hatte.