Beckstein über sein Treffen mit dem Papst

"Ein sehr gutes Gespräch"

Einen besonderen Gruß richtete Papst Benedikt XVI. während des Vespergottesdienst am Dienstag an die Delegation der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, zu der auch Günther Beckstein gehörte. Im Interview aus Rom berichtet der EKD-Synodenvize von der Begegnung mit dem Papst und den aktuellen Problemen der Ökumene auch im Hinblick auf das Reformationsjubiläum 2017.

 (DR)

domradio.de: Warum ist Ihnen eine katholische Beteiligung am Reformationsjubiläum so wichtig?

Beckstein: Wir wollen dieses 500-jährige Jubiläum der Reformation nicht gegen die katholische Kirche, sondern gemeinsam mit den Katholiken feiern. Denn es ist uns wichtig, dass die Ökumene eine der zentralen Aufgaben von Christen ist. Deswegen sind wir auf den Spuren Luthers über Mailand nach Rom gefahren und hatten ein sehr, sehr gutes Gespräch bei Papst Benedikt XVI.. Er hat betont, dass es wichtig ist, nicht allein auf die 500 Jahre seit der Reformation zu schauen, sondern auch die 1500 Jahre davor zu sehen. Und sich gegenseitig der Schuld zu bekennen, die beide Kirchen in den Jahren nach der Reformation auf sich geladen haben. Aber vor allen Dingen auch zu sehen, wie wir in der Zukunft in einer säkularisierten Welt den Menschen das Christentum näher bringen können.

domradio.de: Wird es denn nun eine katholische Beteiligung geben?

Beckstein: Ja, der Papst hat zugesagt, dass sich die katholische Kirche auch mit einbringen wird. Er hat auch darauf hingewiesen, und das war für mich sehr bemerkenswert, dass auch schon frühere Päpste darauf hingewiesen haben, dass Luther ein wichtiger Kirchenführer gewesen ist, der seine Beiträge auch zur Theologie gebracht hat. Und das wird noch verstärkt durch den heutigen Papst, der natürlich als ein aus Deutschland stammender Papst auch in besonderer Weise das Luthertum kennt.



domradio.de: Waren generelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Ökumene auch Thema?

Beckstein: Das war ein großes Thema und wir waren gestern Abend auch eingeladen zur Abendvesper in St. Paul, die der Papst selber gehalten hat und wo er unsere Delegation auch ausdrücklich und in deutscher Sprache begrüßt hat. Der Papst hat hervorgehoben, dass die Ökumene eine ganz zentrale Aufgabe der Christen ist, die EINE Kirche, wobei die Einheit in Verschiedenheit das Ziel sein muss. Das heißt, dass man die Unterschiedlichkeiten nicht als Streit versteht, sondern als Bereicherung von Glauben.



domradio.de: Gerade beim Thema Präimplantationsdiagnostik gehen die Meinungen von evangelischen und katholischen Würdenträgern in Deutschland auseinander. Ist das, Ihrer Meinung nach, ein Problem für ein gemeinsames Verständnis?

Beckstein: Also der Papst hat uns ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Frage der auseinandergehenden Vorstellungen im Bereich der Ethik ein Problem darstellen, wobei das bezüglich der Vereinten Evangelisch-Lutherischen Kirche weniger die Präimplantationsdiagnostik ist, denn da ist gerade der leitende Bischof Friedrich der klaren Meinung, dass es keinerlei Art der Selektion von Leben geben darf. Er ist also auf derselben Linie wie die katholische Kirche. Problematischer ist die Frage nach gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in Pfarrhäusern. Das Thema ist zwar nicht direkt angesprochen worden, aber man hat gemerkt, dass der Papst da nicht auf der Seite derer ist, die diesen Beschluss mitgetragen haben.



domradio.de: Beide Kirchen kämpfen um ihre Gläubigen, beide predigen zunehmend in leeren Kirchen. Ist da nicht auch eine Zusammenarbeit unumgänglich?

Beckstein: Es ist in der Tat wichtig, dass in einer Zeit, wo Christen zur Minderheit werden, auch in Teilen Deutschlands und im Bereich der arabischen Länder, in denen wir eine ganz kleine Minderheit sind, nicht durch Streit der Christen untereinander noch die Botschaft Jesu Christi verdunkelt wird. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass den Menschen diese Botschaft nahe gebracht wird. Es ist ja auch etwas Wunderbares, einen persönlichen Gott zu haben, der die Schuld vergibt und diese Botschaft weiterzutragen ist uns allen aufgegeben. Da gibt es gewisse theologische Unterschiede über die Funktion des Papstes, über die Frage des Amtes insgesamt und die Frage des gemeinsamen Abendmahles in glaubensverschiedenen Ehen. Diese Frage ist auch angesprochen worden, aber natürlich nicht gelöst. Das ist aber die Aufgabe, dass die Christen miteinander ihren Glauben feiern können und nicht das Trennende in den Vordergrund stellen, sondern die gemeinsame christliche Basis. Die Bibel und unser Herrgott sind uns ja gemeinsam gegeben.



Interview: Heike Sikoni