Berliner Senat lädt Glaubensgemeinschaften zum Dialog

"Religionsfreundliches Signal"

Das Land Berlin geht neue Wege im Umgang mit den Religionsgemeinschaften. Rund zwei Jahre nach dem "Pro Reli"-Volksentscheid, ein Jahr nach dem bis zum Bundesverfassungsgericht führenden Streit um die Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen, aber auch nach sieben Anschlägen auf Moscheen lädt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit heute im Roten Rathaus erstmals zu einem "Berliner Dialog der Religionen" ein.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Die Initiative dazu kam auch vom Religionsbeauftragten des Senats, Hartmut Rhein. Bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren sei ihm aufgefallen, dass es zwar viele Initiativen der etwa 250 Religionsgemeinschaften auf Bezirksebene gebe, diese aber berlinweit nicht vernetzt seien, erklärt Rhein. Er fing an nachzufragen, ob Interesse an einem solchen Dialog besteht. Die positive Resonanz überraschte ihn selbst. Viele schienen auf ein solches Angebot nur gewartet zu haben, meint Rhein.



Eine Bestandsaufnahme der Initiativen war das erste, was Rhein und seine Mitarbeiter in Angriff nahmen. Am Montag kann er eine Broschüre vorlegen, die rund 50 Einrichtungen und Projekte der Religionsgemeinschaften auflistet und beschreibt. Die Palette ist breit gefächert: Die "Christlich-muslimischen Begegnungen Rixdorf" sind dort genauso verzeichnet wie der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin und die Muslimische Akademie, die Akademien der beiden großen Kirchen, das Ökumenische Frauenzentrum Evas Arche und das Sufi-Zentrum Berlin.



Senat will nur Rahmen für Gespräche geben

Inhaltlich will sich der Senat zurückhalten, kündigt Rhein an. Er wolle lediglich den Rahmen für einen Gesprächsprozess bieten. "Auch mit der Konsequenz, dass wir uns ganz zurückziehen, wenn der Dialog in Gang gekommen ist", so Rhein. So gebe es auch keine strategischen Überlegungen und keinen tagespolitischen Ansatz, versichert er. Der Gesprächsprozess sei aber - wenn von den Teilnehmern gewollt - langfristig angelegt. In diesem Jahr sollen drei bis vier Begegnungen stattfinden.



Aus Sicht der Gäste bewegt sich der Senat damit auf die Religionsgemeinschaften zu. Joachim Hake, der als Direktor der Katholischen Akademie auf dem Podium sitzt, bezeichnet das Vorhaben als "religionsfreundliches Signal". Nach dem eher schwierigen Verhältnis zum rot-roten Senat in den vergangenen Jahren könne es den Anfang eines respektvollen Umgangs mit Religion markieren.



Mit einem bloßen Informationsaustausch untereinander ist es für Hake allerdings nicht getan. Es gehe auch darum, wie sich die religiös bekennenden Berliner in den Debatten der Stadt wiederfänden. "In einer Stadt, die streckenweise von einem kämpferischen Atheismus geprägt ist", betont er. Es werde sich zeigen, was der Senat unter Religionsfreundlichkeit verstehe.



Vorsichtiger Optimismus

Auch sein Kollege von der Evangelischen Akademie, Rüdiger Sachau, der ebenfalls auf dem Podium mitwirkt, gibt sich vorsichtig optimistisch. Die Stadt beginne endlich zu verstehen, dass Religion für viele ein wichtiges Element sei. In den vergangenen Jahren habe er von Seiten des Senats eher "ein gepflegtes Desinteresse" wahrgenommen und sich manches Mal über den Tonfall gewundert. Dass der Senat den Dialog ausgerechnet in einem Jahr der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus anregen will, hat für Sachau einen Beigeschmack, mehr aber auch nicht. Die Gesprächsinitiative wird den Wahlkampf überstehen, ist er sich sicher.



Möglicherweise trifft das auch für ein anderes Vorhaben zu, das Wowereit mit Religionsgemeinschaften - allerdings nur mit den beiden großen Kirchen - plant. Danach sollen Berliner Senat und Kirchen eine gemeinsame Kommission zur Zukunft der Sakralbauten bilden. Der Senat will sich dabei zwar nicht finanziell an Erhalt und Weiternutzung von Kirchbauten, dafür aber bei der Projektplanung beteiligen und Kontakte vermitteln.