Jahr der Taufe der evangelischen Kirche

Nicht allein schlicht Wasser

Die Taufe gehört mit dem Abendmahl zu den wichtigsten Ritualen in der Kirche. Sie ist praktisch die Eintrittskarte in den Glauben. Mit einem Jahr der Taufe will die Evangelische Kirche in Deutschland 2011 den christlichen Ritus in den Mittelpunkt rücken.

Autor/in:
Holger Spierig
 (DR)

"Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser", schrieb der Reformator Martin Luther im Jahr 1529 in seinem "Kleinen Katechismus". Sie sei "das Wasser in Gottes Gebot gefasst und mit Gottes Wort verbunden". Für den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider bleibt sie "das Grunddatum christlicher Freiheit schlechthin".



Wer getauft sei, gehöre zu Gott, erläutert der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß. Jesus selbst machte sich nach den Überlieferungen der Bibel von Galiläa aus auf den Weg, um sich von dem Wüstenprediger Johannes dem Täufer in das Wasser des Jordans tauchen zu lassen.



Für Christen ist das Wasser Sinnbild für die Reinigung und Erneuerung des Lebens durch Jesus Christus. Der westfälische Präses Buß bezeichnet die Taufe daher als ein "Gottesgeschenk", das ausgepackt werden wolle. "Gottesgeschenk" ist auch das Motto, unter dem die evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen und die Hannoversche Landeskirche das Jahr der Taufe begehen. Am 6. Januar eröffnen die westfälische, rheinische und lippische Kirche die Aktion mit einem gemeinsamen Gottesdienst in Meinerzhagen.



Auch in der EKD steht das kommende Jahr im Zeichen der Taufe. Unter dem Motto "Jahr der Taufe und der Freiheit" thematisiert sie die Taufe im Rahmen der Lutherdekade, die auf das 500-Jahr-Jubiläum der Reformation im Jahr 2017 hinweist. Beteiligen wollen sich zudem die Landeskirchen Baden, Mecklenburg und Sachsen beteiligen. Ziel sei es, das Sakrament der Taufe in Kirche und Gesellschaft wieder bekannter zu machen, sagte der mecklenburgische Landesbischof Andreas von Maltzahn.



Zahl der Taufen geht zurück

Seit Längerem beobachten die großen Kirchen, dass die Zahl der Taufen zurückgeht. Eine der Hauptursachen sei schlicht der Geburtenrückgang, erläutert der Münsteraner Theologieprofessor Christian Grethlein. Denn der Anteil der evangelisch Getauften unter den Neugeborenen in Deutschland habe sich zwischen 1960 und 2006 nur gering verändert. Im Jahr 1960 seien es Schätzungen zufolge rund 40 Prozent gewesen, 2006 noch 31 Prozent. Mit zentralen Tauffesten wollen Gemeinden im Jahr der Taufe mehr Familien ansprechen. Älter gewordene Täuflinge sollen an die Bedeutung der Taufe erinnert werden.



Der Münsteraner Theologieprofessor Christian Grethlein fordert die Kirchen auf, der Taufe wieder einen größeren Raum zu geben. Die "Kunst des Taufens" müsse gepflegt und weiterentwickelt werden, erklärt der Professor für Praktische Theologie. Die ursprünglich zentrale gottesdienstliche Handlung der Kirche habe im Laufe der Jahrhunderte zunehmend an Bedeutung verloren, kritisiert er. Seit Ende des 19. Jahrhunderts sei sie in den Gottesdienst am Sonntagmorgen integriert worden. "Sie schrumpfte dabei nicht selten auf einen Vollzug weniger Minuten."



In den ersten Jahrhunderten des Christentums hatten die meist bereits erwachsenen Täuflinge noch einen mehrjährigen Glaubenskurs erhalten, der Taufe war zudem ein spezieller Gottesdienst vorbehalten. Mit der zur Regel werdenden Kindertaufe ab dem vierten Jahrhundert wurde die Glaubensunterweisung auf später verschoben - heute dient dazu der Konfirmandenunterricht.



Hindernisse auf dem Weg zur Taufe

Es gibt aber auch Hindernisse auf dem Weg zur Taufe, denen nach Einschätzung von Präses Buß bislang zu wenig Beachtung geschenkt wurde. So ließen heute alleinerziehende evangelische Mütter ihre Kinder deutlich seltener taufen als der Durchschnitt aller evangelischen Eltern. Viele hätten möglicherweise Scheu, ohne einen Partner am Taufbecken zu stehen. Auch die Kosten für Familienfeiern seien ein Hemmschuh.



Um diese Schwellen zu senken, luden Gemeinden im lippischen Lemgo in diesem Jahr am Pfingstmontag zu einem Tauffest auf das Schloss Brake ein. Väter und Mütter, die sich bis dahin nicht zur Taufe ihres Kindes entschließen konnten, hätten das dort getan, zieht der lippische Landessuperintendent Martin Dutzmann ein positive Bilanz.