Senat und Kirchen sprechen über gefährdete Sakralbauten

Alternativen zur Schließung gesucht

Rund 300 christliche Sakralbauten gibt es in Berlin - Tendenz: sinkend. Nach einem Bauboom vor allem in den 1960er Jahren mussten die beiden großen Kirchen in den vergangenen 20 Jahren insgesamt an die 30 Gotteshäuser aufgeben. Damit die Kirchen zumindest die meisten ihrer teilweise denkmalgeschützten Bauten halten können, will nun auch der Senat helfen.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Zu Beginn kommenden Jahres wollen beide Seiten darüber ins Gespräch kommen. "Auch die Stadt hat ein großes Interesse daran, markante Kirchengebäude zu erhalten", sagt der evangelische Generalsuperintendent Ralf Meister, der als Vertreter der Kirchen teilnimmt. "Sie gehören zur Grundsignatur Berlins". Als Beispiele nennt er die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Charlottenburg, aber auch die Martin-Luther-Kirche in Tempelhof, deren nationalsozialistisch inspirierte Gestaltung ein besonderes Mahnmal darstellt.



Wichtig seien aber auch die kleinen Dorfkirchen am Stadtrand, so Meister. Umgeben von drei- oder vierspurigen Straßen bräuchten sie neue stadtplanerische Lösungen, damit sie nicht vollends ins Abseits gerieten.



Der evangelischen Landeskirche gehören rund 200 Gotteshäuser. Nicht mehr für die Gemeindeseelsorge genutzte Häuser widmet sie teilweise um. Jüngstes Beispiel ist die Stephanus-Kirche in Wedding, die nun als Medienkirche besonders Künstlern für Konzerte oder Lesungen offen steht. Als sich in Spandau die Lutherkirche in den 1990er Jahren als zu groß für die schrumpfende Gemeinde erwies, wurden dort in ihrem Dach kurzerhand Wohnungen eingebaut.



In der Regel verkauft oder vermietet

Das Erzbistum Berlin steht vor ähnlichen Problemen, wenngleich es mit 100 Sakralbauten deutlich weniger als die Landeskirche besitzt. Zehn Gotteshäuser entwidmete die Diözese seit der Wende. Sie wurden in der Regel verkauft oder vermietet. Schlagzeilen machte die Veräußerung der Spandauer Kirche Sankt Marien am Behnitz an ein Berliner Ehepaar, das sie liebevoll restaurierte.



Auch die katholische Kirche begrüßt die Gespräche mit dem Senat. Es sei erfreulich, dass die Politik damit die Sakralbauten als zum Stadtbild gehörend anerkenne, so Bistumssprecher Stefan Förner. Auch für Nicht-Christen seien sie vielfach als Orte kulturellen und sozialen Handels wichtig.



Erzbistum und Landeskirche wollen Abrisse möglichst vermeiden. Zwei Mal gelang dies in den vergangenen Jahren nicht. Die neuen Besitzer der früher katholischen Kirchen Sankt Raphael in Gatow und Sankt Johannes Capistran in Tempelhof rissen die Bauten ab, um damit Platz für einen Supermarkt und ein Seniorenheim zu schaffen. Für das Erzbistum eine Mahnung, Alternativen künftig noch genauer zu prüfen.



Sogar Pläne für ein neues Gotteshaus

Vertreter anderer Religionen sind bei den Gesprächen mit dem Senat nicht dabei. Das Problem, eine große Anzahl meist denkmalgeschützter Bauten zu erhalten, stelle sich bei ihnen nicht, erläutert der Sprecher des rot-roten Senats, Richard Meng. Auch nicht bei den muslimischen Gemeinden, die in Berlin immerhin rund 70 Moscheen haben. Zugleich dämpft Meng die Erwartungen: Zusätzliche Landesförderung stehe nicht in Aussicht. Der Senat könne den Kirchen aber bei der Planung von Projekten helfen oder Kontakte vermitteln.



In den Gemeinden am Rande Berlins und im sogenannten Speckgürtel stellt sich die Situation oftmals völlig anders dar. Vor allem durch Zuzug hat sich die Zahl ihrer Gemeindemitglieder teilweise vervielfacht, nicht nur an hohen Feiertagen sind sie oft überfüllt. Statt Kirchen zu schließen, werden in Hermsdorf oder Falkensee neue Gemeindezentren gebaut, oder es gibt wie in Kleinmachnow sogar Pläne für ein neues Gotteshaus.