Erste Ausgabe des neuen Merkur in der "Zeit"

"Christ und Welt" wird groß geschrieben

Nach dem Ende des "Rheinischen Merkur" als selbstständige Zeitung ist die Trauerzeit um das Traditionsblatt in dieser Woche fast schon zu Ende. Am Donnerstag kommt erstmals das Nachfolge-Produkt heraus. "Christ und Welt" heißt jetzt der neue Merkur, der innerhalb der Wochenzeitung "Die Zeit" als eine Art Beilage erscheint.

Autor/in:
Volker Resing
 (DR)

Der bisherige Untertitel des Merkur wandelt sich damit zum Titel und wird in der sechsseitigen "Zeitung in der Zeit" groß geschrieben. Das bekannte Logo "Rheinischer Merkur" hingegen verkleinert sich zum Wiedererkennungs-Emblem. Vieles ist ungewöhnlich an dem neuen Konzept. Anders als etwa das evangelische Magazin "chrismon" wird "Christ und Welt" nicht allen "Zeit"-Kunden beigelegt. Vielmehr erhalten nur die bisherigen und neuen Merkur-Abonnenten die veränderte "Zeit" mit der Zugabe "Christ und Welt".



Neben den sechs Seiten, die der normalen "Zeit" angefügt werden, erhalten Merkur-Leser ab jetzt auch eine veränderte "Zeit"-Titelseite. Die Hamburger haben für den neuen rheinischen Gast unter ihrem Dach dafür sogar ein Heiligtum angekratzt: Der berühmte Seitenkopf der "Zeit" wurde aufgebrochen und um das Signet des "Rheinischen Merkurs" erweitert. Außerdem gibt es einige Elemente auf der Titelseite, die nur Merkur-Abonnenten in ihrer Ausgabe finden.



Der alte "Rheinische Merkur" war zuletzt im Eigentum von acht katholischen Diözesen sowie der Bischofskonferenz. Die größten Teilhaber waren die Bistümer Köln und Freiburg. Wegen seit Jahren sinkender Auflage und einem Zuschussbedarf in Millionenhöhe entschieden sich die Gesellschafter für das Einstellen des Blattes.



Das Unternehmen wurde aufgelöst. Das neue Produkt wird von sechs Redakteuren in einer neuen Gesellschaft produziert. Der neue Dienstleister ist eine Tochtergesellschaft der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das neue Produkt wird nicht mehr mit Kirchengeld subventioniert.



Eigener Ton soll bewahrt bleiben

Nach zwölf Monaten hat der Hamburger Zeit-Verlag ein Vorkaufsrecht auf Titel und Rechte. Laut Aussage von "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo soll die neue Redaktion von "Christ und Welt", die wieder in Bonn ihren Sitz hat, unabhängig von der "Zeit" agieren und einen eigenen Ton bewahren. Schwerpunkt solle "Geistliches und Geistiges" sein, so di Lorenzo, der sich bei den Inhalten der Beilage ein Vetorecht vorbehält.



Mit "Christ und Welt" wird ein alter, einst evangelischer Zeitungstitel wiederbelebt, der 1979 im katholischen Merkur aufging. Der Merkur verstand sich zuletzt als konfessionsübergreifendes Blatt. Das neue Produkt soll aber nach dem Willen seiner Macher nicht evangelischer werden, sondern vielmehr das katholische Profil stärken. "Eine katholische Zeitung, auch für Protestanten", lautet das neue Selbstverständnis des kleinen Merkur.



"Christ und Welt" war innerhalb des Merkur bisher ein eigenes Ressort, das nach Feuilleton und der Wirtschaft vor allem theologische und kirchliche Themen behandelte. Das neue Blatt "Christ und Welt" will das Themenspektrum weiten. Die Auseinandersetzung mit dem Islam soll verstärkt vorkommen und auch Geschichten, die sich an "ernsthaft religiös Suchende" richten, so ist aus der Redaktion zu hören. Eine aus 15 überwiegend katholischen Journalisten bestehende Entwicklungswerkstatt hat das Konzept unter Führung des Zeit-Redakteurs Patrik Schwarz erdacht.



Herzstück wird eine Themendoppelseite sein. Charakteristisch für das neue Blatt sind eine Vielzahl von Kolumnen. Auch Politik gehört zur neuen Zeitung sowie vertraute Namen aus dem alten Merkur. So blieb auch Ex-Chefredakteur Michael Rutz als Autor dem Nachfolger des Merkur treu.