30 Jahre Jesuiten-Flüchtlingsdienst

"Bloß nicht auffallen"

"Bloß nicht auffallen", das ist das Lebensmotto vieler Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung. Seit 30 Jahren gibt es den Jesuiten-Flüchtlingsdienst. Er schreitet ein, wenn eine Abschiebung droht, ein Arzt gebraucht wird und versteht sich als Stimme der Stimmlosen.

 (DR)

Flüchtlingsdienst: Bleiberechtsregelung muss verabschiedet werden

Das Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge muss verabschiedet werden, für diese Forderung setzt sich pünktlich zur Innenministerkonferenz am kommenden Mittwoch P. Martin Stark SJ ein. Er ist der Leiter des deutschen Büros des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in München. Es sei eine Bleiberechts-Regelung notwendig, "die die bereits erfolgte Integration wirklich ernst nimmt und Integration ermöglicht". Der deutsche Ableger des Dienstes bietet Seelsorge in Abschiebeanstalten an und setzt sich in der Politik für die Anliegen von Flüchtlingen ein.



Vor allem das Problem der sogenannten Kettenduldungen müsse gelöst werden, betont Stark. Als Beispiel verweist der Jesuit auf das Schicksal eines jungen Afrikaners aus Liberia, der seit 15 Jahren in Deutschland lebe, arbeits- und integrationswillig sei. Die Behörden duldeten ihn laut Angaben des Flüchtlingsdienstes derzeit nur für die Dauer einer Woche.



Hürden zu hoch

Für die Frage der Aufenthaltsgenehmigungen bei Jugendlichen forderte Stark, die Hürden nicht zu hoch anzusetzen. Entscheidend müsse die faktische Integration sein und nicht, wie lange Jugendliche schon in Deutschland lebten. Zudem müssten Eltern, deren Kinder gut integriert seien, eine "Aufenthaltsperspektive" und Arbeitserlaubnis haben.



Damit reagierte Stark auf den Vorschlag des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU). Der Politiker hatte am Wochenende ein eigenständiges Bleiberecht für Kinder und Jugendliche mit einer positiven Prognose für ihren Schulabschluss vorgeschlagen. Voraussetzung dafür soll sein, so Schünemanns Idee, dass die jungen Menschen nicht vorbestraft sind. Außerdem sollten die Kinder seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben. Über das Bleiberecht der Eltern solle nach der Volljährigkeit der Kinder wieder entschieden werden, so der Vorschlag weiter, den die Innenminister diese Woche besprechen wollen.



Gesetzentwurf widerspricht EU-Vorgaben

Der deutsche Jesuiten-Flüchtlingsdienst kritisierte zudem einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Abschiebehaft. Die darin aufgeführten Regelungen für die Abschiebung von Schwangeren und Alleinerziehenden, psychisch Kranken, Minderjährigen und Behinderten entsprächen nicht den EU-Vorgaben. Zudem schreibe die Brüsseler Richtlinie strikt vor, Abschiebehäftlinge womöglich getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Der Gesetzentwurf sehe das für Deutschland nicht vor, obwohl in Deutschland spezielle Einrichtungen für Abschiebehäftlinge existierten.



Zum 31. März 2010 lebten rund 87.900 Menschen mit einer sogenannten Duldung und über 69.000 Ausreisepflichtige ohne Duldung in Deutschland. Menschen mit Duldung dürfen in Deutschland in der Regel nicht arbeiten und haben keinen Anspruch auf Hartz IV oder Sozialhilfe.



Weltweit betreut der Jesuiten-Flüchtlingsdienst in 51 Ländern über eine halbe Million Flüchtlinge. Von den mehr als 1.000 Mitarbeitern der Organisation sind rund 100 Jesuiten.