Katholische Verlage bei der Buchmesse in Frankfurt

Längst keine Nischen mehr

Mit rund 7.000 Ausstellern und 300.000 vorgestellten Werken bleibt die Frankfurter Buchmesse die größte Schau der Branche weltweit. Auch zahlreiche katholische Verlage sind wieder am Start - längst keine Nischen mehr für ausschließlich fromme Erbauungsliteratur oder wissenschaftliche Theologie.

Autor/in:
Christoph Schmidt
 (DR)

Unter den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen nimmt das Lesen zwar nur noch den siebten Platz ein - weit abgeschlagen hinter dem Autofahren. Dennoch werden etliche Verleger demnächst entspannt den Weg zur Frankfurter Messe antreten. Die Wirtschaftskrise geriet für den deutschen Buchhandel keineswegs zum Horror-Roman. Fast 9,7 Milliarden Euro, knapp ein Prozent mehr als im Vorjahr, setzte die Branche 2009 um. Wichtigstes Zugpferd: die Belletristik.



Doch wie sieht es bei religiösen Verlagen aus, noch dazu den katholisch geprägten, die neben den Folgen der Wirtschaftskrise auch eine innerkirchliche - Stichwort Missbrauch - bewältigen mussten? Mit 5.500 Erstauflagen stellte die Sparte "Religion" im vergangenen Jahr laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels 6,7 Prozent aller neuen Titel, deutlich mehr als die Nachbarsparte "Philosophie/Psychologie".



Vom 6. bis 10. Oktober präsentieren sich in Frankfurt 35 Verlage unter dem Dach des Katholischen Medienverbands (KM) - von großen Publikationshäusern wie Herder über bekannte Klosterunternehmen wie den Vier-Türme-Verlag bis hin zu Miniorganisationen wie Media Maria. KM-Geschäftsführer Konrad Höß schätzt, dass sie bis zu 3.000 neue Titel im Gepäck haben werden. Das spricht für verlegerisches Selbstbewusstsein.



Stabiles Jahr

"Insgesamt war es ein stabiles Jahr", bilanziert Höß. Auch der Vertrauensverlust der Kirche habe die Verkaufszahlen offenbar nicht gedrückt. Kein Wunder, denn viele katholische Verlage sind längst keine Nischen mehr für ausschließlich fromme Erbauungsliteratur oder wissenschaftliche Theologie.



Stattdessen dominieren die Megatrends "Spiritualität" und "Lebenshilfe" ungebrochen die konfessionellen Sortimente. Mit ihrer Mischung aus geistlichen Erfahrungsberichten, Meditations-, Trost- und Ratgeber-Literatur weisen viele Titel eine mehr oder weniger große Nähe zum christlichen Glauben auf. Der KM-Geschäftsführer schätzt, dass jede dritte Neuerscheinung katholischer Verlage in dieses Segment fällt und verweist besonders auf "Topseller" wie die Benediktiner Anselm Grün und Notker Wolf. Der Rest des Angebots entfalle auf Bereiche wie Liturgie und Gebet, Pädagogik und Regionales sowie den kleinen Anteil an Theologie.



"Gerade in den leistungsorientierten Bildungsschichten ist das Bedürfnis nach Sinnsuche und das Interesse am Religiösen sehr stark", berichtet Verleger Manuel Herder. Dafür investierten die Kunden auch in Bücher, die den vom Börsenverein ermittelten Durchschnittspreis von rund 24 Euro für religiöse Literatur deutlich übersteigen. Der Herder Verlag mit einem Jahresumsatz von rund 40 Millionen Euro kommt als Marktführer im Bereich "Religion und Werte" zur Buchmesse.



"Die Leute wollen keine esoterischen Experimente mehr"

Neben seinem katholischen Schwerpunkt - demnächst soll der zweite Band des Jesus-Buches von Papst Benedikt XVI. erscheinen - ist für das Freiburger Unternehmen der Bereich "Weltreligionen" immer wichtiger geworden. Das esoterische Angebot überlassen die katholischen Verlage gerne anderen. Auf diesem Feld konstatiert Herder zudem nachlassendes Interesse. "Die Leute wollen keine esoterischen Experimente mehr. Sie suchen die Verlässlichkeit der über Jahrhunderte gewachsenen Religionen." Dafür spricht nicht zuletzt die Infrastruktur von knapp 4.000 Bibliotheken in Trägerschaft der beiden großen Kirchen.



Dennoch ist die Kluft zwischen der stabilen bis wachsenden Nachfrage nach spirituell-christlichen Inhalten und dem sinkenden Zuspruch zur Amtskirche augenfällig. Sicherlich wird sie bei einigen der Diskussionsrunden zum Brennpunkt, die der KM erstmals bei einer Buchmesse mit einem "Autorensofa" ausrichtet. Debattieren werden bekannte Schriftsteller wie der Arzt und Theologe Manfred Lütz zur Missbrauchskrise, die Journalistin Petra Altmann über den "Wert der Werte" oder Auflagenkönig Anselm Grün über das eine große Thema, das vier Tage lang die Messehalle 3 durchweht: die Suche nach Gott.